Ute Silvani von den Maltesern hat eine Besuchshundgruppe für den Rems-Murr-Kreis aufgebaut. Regelmäßig geht sie mit ihren beiden Havanesern Lea nd Lucie in den Alexanderstift in Rudersberg.

Rudersberg - Hach da sind ja meine Süßen“, ruft Elisabeth B. aus und strahlt über das ganze Gesicht, während Lea und Lucie freudig wedelnd zu ihr ans Bett tippeln. Gerade noch hatte die 98-Jährige, die im Alexanderstift in Rudersberg wohnt und seit geraumer Zeit bettlägerig ist, vor sich hingedöst. Doch jetzt ist sie hellwach und versucht sich in ihrem Bett aufzurichten, um die beiden hündischen Besucher willkommen zu heißen. „Kommt her zu mir“, lockt sie die beiden Havaneser zu sich. Ute Silvani kommt der Aufforderung der Seniorin nach und hebt ihre wuscheligen Hundezwerge aufs Bett.

 

Die Ausbildungsleiterin der Malteser im Rems-Murr-Kreis hat Anfang des Jahres eine Besuchshundegruppe ins Leben gerufen. „Noch sind wir im Aufbau“, berichtet sie über den noch kleinen Kreis an Ehrenamtlichen, dem bisher drei Mensch-Hund-Teams angehören: Neben Ute Silvani mit Lea und Lucie sind dies Ute Kitzler und ihr Eurasier Finn sowie Sabine Markmann und ihr Mischlingshund Finley. Während Ute Silvani alle zwei Wochen den Bewohnern des Alexanderstifts einen Besuch abstattet, gehen ihre Kolleginnen mit ihren Tieren regelmäßig in das Pflegeheim der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Winterbach.

Die tierischen Besucher rufen Erinnerungen wach

Elisabeth B. genießt die Nähe der Hunde, die sich nun zu ihren Füßen auf die Decke gekuschelt haben. Ihr Leben lang habe sie Hunde gehabt, erzählt die knapp Hundertjährige. „Selbst mein riesiger Schäferhund durfte mit ins Bett.“ Und Pudel Berri ist sogar auf dem Hochzeitsfoto mit verewigt, das zusammen mit vielen weiteren Aufnahmen gerahmt auf ihrem Nachtisch steht – Zeugen eines langen Lebens, aus dem die Seniorin viel zu erzählen weiß, vor allem von ihren Hunden.

„Die Hunde sind nur die Brücke, um ins Gespräch zu kommen“, sagt Silvani über ihre beiden tierischen Assistenten, die sie gezielt für diese Aufgabe ausgesucht hat. Denn nicht jeder Hund eignet sich dafür. Ihr Pekinese beispielsweise, den sie vor den beiden gehalten hat, ist zu eigenwillig gewesen, erzählt sie. Die zwei Havaneser-Hündinnen hingegen mit ihrem fröhlichen, aufgeschlossenen Wesen sind die geborenen Besuchshunde, zumal sie noch einen Vorteil haben: Sie haaren nicht. So spricht auch nichts gegen eine Kuschelrunde wie bei Elisabeth B.

Hunde müssen Prüfung absolvieren

Ob angehende Besuchshunde alle notwendigen Eigenschaften für den Job mitbringen, wird in einer Prüfung getestet. Zuvor müssen die Hunde eine etwa einjährige Ausbildung durchlaufen, in der neben Grundgehorsam wie Sitz und Platz machen auch Dinge wie in einem Rollator mitfahren oder neben einem Rollstuhl herlaufen auf dem Stundenplan stehen. Die dreijährige Lea hat die Prüfung bereits bestanden und darf das offizielle, blau-rote Malteser-Besuchshund-Geschirr tragen, ihre Dienstkleidung gewissermaßen. Die eineinhalbjährige Lucie hingegen ist noch in der Ausbildung. Bei ihrer Abschlussprüfung im Herbst wird sie beweisen müssen, ob sie alle ihre Lektionen gelernt hat. Ute Silvani investiert viel Zeit in ihre Erziehung. „Einiges guckt sie sich aber auch bei den gemeinsamen Besuchen von Lea ab“ – beispielsweise wie man aus einem Babyfläschen trinkt. Denn Lea und Lucie erfreuen die Bewohner des Alexanderstifts nicht nur mit ihrer bloßen Anwesenheit sondern auch mit einer ganzen Menge an Tricks, die sie vorführen können.

Dabei kommt das aus dem Fläschchentrinken nicht nur bei den Damen gut an, auch Albert Dannenmann füttert hingebungsvoll Lucie mit der Nuckelflasche, in der ein Mix aus Wasser und Leberwurst eingefüllt ist. Nebenbei hat auch er so manches zu erzählen, beispielsweise, dass er selbst früher nie einen Hund hatte sondern immer viele Katzen. „Trotzdem freue ich mich, wenn die Hunde kommen“, sagt er. Wie als Beweis hängen an einer Wand seines Zimmers direkt neben Bildern seiner früheren Stubentiger auch einige Aufnahmen von Lea und Lucie.

Auch Angehörige profitieren

Die Freude, die ihre Hunde den Menschen geben, das ist ihre Motivation für die Besuche im Pflegeheim, erklärt Ute Silvani. Dabei verschweigt die 63-Jährige nicht, dass damit auch belastende Erfahrungen verbunden sind: wenn ihre Hunde etwa freudig voraus in ein Zimmer laufen und dann vor einem leeren Bett stehen, weil der Bewohner, der sich beim letzten Mal noch so gefreut hat, nun gestorben ist; wenn es für Schwerkranke keine Aussicht mehr auf Genesung gibt und Angehörige niedergeschlagen neben ihren Betten sitzen. „Der Tod gehört zum Leben dazu“, meint Ute Silvani dazu, die jahrzehntelang als Krankenschwester gearbeitet hat und auch in der Trauerbegleitung der Malteser tätig ist. So sind sie und ihre beiden Havaneser nicht nur für die Bewohner des Alexanderstifts da sondern auch für deren Angehörige, die sichtlich froh sind, jemanden zu haben, der Zeit hat, ihnen zuzuhören.

Denn Ute Silvani schaut nicht auf die Uhr. Da werden aus einer Stunde Hundebesuch, wie es im umfangreichen Aktivierungsplan des Alexanderstifts aufgeschrieben ist, schon einmal zwei Stunden, wenn die quirlige Mittsechzigerin mit ihren Hunden durch die Gänge des Pflegeheims streift und mal hier und mal da anfragt, ob ein Besuch von Lea und Lucie gerade erwünscht ist. „Sie macht das sehr professionell“, lobt Rita Richter, die Haus- und Pflegedienstleiterin.