EADS-Chef Tom Enders will künftig mehr operative Freiheit. Ein Vetorecht der Länder soll sich auf eine feindliche Übernahme beschränken. Die britische Regierung und die USA stellen allerdings andere Bedingungen.

Stuttgart - Die Elefantenhochzeit zwischen dem europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern EADS sowie dem britischen Rüstungsriesen BAE Systems hängt am seidenen Faden. Wenn Frankreich und Deutschland auf eine Fortschreibung ihrer bei EADS bestehenden Mitspracherechte pochen, ist die Fusion gescheitert, sagt ein Insider. Derzeit bündeln die Regierungen beider Länder ihre Interessen. Sie wollen im Fall einer Fusion paritätisch am dann weltgrößten Luftfahrt- und Rüstungskonzern beteiligt sein. Für ein Gelingen entscheidend ist, mit welchem Anteil und welchen Mitspracherechten.

 

EADS-Chef Tom Enders und sein Pendant bei BAE, Ian King, sind sich einig, dass die EADS-Kernländer Frankreich und Deutschland sowie Großbritannien ein Vetorecht nur gegen eine feindliche Übernahme erhalten sollen. „Wir schlagen vor, die Aktionärsverträge, die derzeit Daimler, Lagardère und dem französischen Staat die gemeinsame Kontrolle über EADS ermöglichen, aufzuheben“, schreibt das Duo in einem offenen Brief. Derzeit können Deutschland – vertreten durch Hauptaktionär Daimler – und Frankreich – vertreten auch durch den Industrieaktionär Lagardère – bei Strategie oder Toppersonalien mitbestimmen und ins operative Geschäft hineinregieren.

Keine staatlichen Mitspracherechte

Sollten beide Länder auf solche Sonderrechte auch nach einer Fusion bestehen, scheitert das Vorhaben aber voraussichtlich an den USA und der britischen Regierung, betonen Industriekreise. London hat sich bei der BAE auf eine goldene Aktie zurückgezogen, mit der eine feindliche Übernahme verhindert werden kann, die aber keine operativen Mitspracherechte erlaubt. Insofern ist die BAE das staatsferne Unternehmen, das die EADS gerne wäre. Sich selbst auf eine goldene Aktie zu beschränken, Deutschland und Frankreich aber darüber hinausgehende Vetorechte einzuräumen, ist für die Briten keine Option, sagt ein Insider. „Ziel ist ein Unternehmen, das nicht mehr dem Einfluss von Staaten unterliegt“, stellt er klar. Mehr als die Rolle eines Finanzinvestors sei ausgeschlossen, soll die Fusion klappen. In ihrer Rolle als Auftraggeber könnten Staaten ohnehin noch Druck ausüben.

Ebenso gravierend für die Fusionspläne sind in den USA gezogene Grenzen. BAE arbeitet an milliardenschweren US-Rüstungsaufträgen und hat einen guten Zugang zum dortigen Verteidigungsmarkt, dem immer noch weltgrößten. Das ist ein wesentlicher Grund, warum Enders die Fusion plant. Der EADS ist es trotz vieler Versuche bisher nicht richtig gelungen, im US-Rüstungsmarkt Fuß zu fassen. Das Ziel, bis 2020 zum boomenden Zivilgeschäft der Flugzeugtochter Airbus die Rüstung zu einem ähnlich belastbaren zweiten Standbein auszubauen, steht ohne BAE absehbar vor dem Scheitern.

Die USA stellen sich quer

Die USA werden BAE-Rüstungsaufträge stornieren, wenn fremde Staaten im fusionierten Konzern an den Schalthebeln der Macht sitzen und Einblick in geheime US-Verteidigungstechnik erhalten, erklärt ein Experte. Das gelte auch für befreundete Staaten wie Frankreich und Deutschland. Wenn aber der Zugang zum lukrativen US-Rüstungsmarkt verstopft wird, macht die Fusion keinen Sinn mehr.

Eine Kröte, die Enders und King notfalls wohl noch schlucken würden, wäre eine reine Finanzbeteiligung von Staaten am fusionierten Ganzen. Frankreich hält heute 15 Prozent der EADS. Bei einem ermittelten Wertverhältnis von 60 (EADS) zu 40 (BAE), würde das bei einer Fusion auf neun Prozent am Gesamtkonzern schmelzen. Falls der deutsche Staat Daimler EADS-Anteile abkauft, um auch auf neun Prozent zu kommen, wäre das Staatenduo mit dann addiert 18 Prozent noch ein Stück von einer bei 25 Prozent liegenden Sperrminorität entfernt. Es gibt also noch Spielraum, um die Fusion zu retten, wenn auch schwindende Hoffnung.