Vor allem Saudi-Arabien ordert Waffensysteme der deutschen Industrie. Die Bundesregierung sieht in dem Land einen Stabilitätsfaktor in der Region.

Berlin - Die Geschäfte der deutschen Rüstungsindustrie mit Ländern der Golfregion laufen blendend. 2012 genehmigte die Bundesregierung Exporte im Wert von 1,42 Milliarden Euro an die Staaten des Golf-Kooperationsrates (Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, Oman, Kuwait, Quatar, Bahrain). Dies geht aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor. Die Linke alarmiert besonders die Entwicklung im Waffengeschäft mit Saudi-Arabien. Allein dorthin wurden 2012 Rüstungsgüter im Wert von 1,24 Milliarden Euro geliefert. 2011 waren es noch knapp 140 Millionen. Das Volumen hat sich demnach verneunfacht.

 

Der Linken-Abgeordnete Jan van Aken kritisierte die Exporte scharf und forderte die Bundesregierung auf, Waffenlieferungen in die Golfregion zu stoppen. Exporte speziell nach Saudi-Arabien sind wegen der dortigen problematischen Menschenrechtslage umstritten. Amnesty International forderte die Bundesregierung auf, eine Menschenrechtsklausel in die Rüstungsexportgesetze aufzunehmen.

Selbst das Internationale Konversionszentrum in Bonn, ein rüstungskritisches Institut, warnt jedoch davor, allein die Zahlen zu bewerten. Denn bei dem enormen Aufwuchs im Geschäft mit Saudi-Arabien handelt sich vor allem um die Abwicklung eines seit längerem bekannten Projektes zur Grenzsicherung. Grenzanlagen seien aber keine Panzer, sagte Rüstungsforscher Jan Grebe gegenüber faz.net: „Niemand tut sich einen Gefallen damit, sämtliche Rüstungsgüter in einen Topf zu werfen“.

Regierung weist Kritik zurück

Saudi-Arabien teilt seine rund 6500 Kilometer lange Grenze mit problematischen Nachbarn wie dem Al-Quaida-Rückzugsland Jemen und dem nach wie vor instabilen Irak. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums präzisierte deshalb die in Rede stehenden Zahlen und wies Kritik zurück. Demnach entfielen allein auf die Anlagen zur Grenzsicherung, geliefert von der EADS-Tochter Cassidian, 1,1 Milliarden Euro . Dies sei ein „legitimes Anliegen“ Saudi-Arabiens. Es handle sich dabei keinesfalls um Waffensysteme, die geeignet wären, die Opposition im eigenen Land zu unterdrücken. Deshalb sei dieses Beispiel „völlig untauglich“, die Rüstungspolitik der Bundesregierung anzuprangern.

Mag diese Argumentation für die Grenzanlagen schlüssig sein, so ist doch die Entwicklung der Rüstungsexporte insgesamt problematisch, zumal es an Transparenz fehlt. In den vergangenen Monaten stießen Berichte über Bestelllisten der Saudis auf Kritik, auf denen angeblich Leopard-Panzer, Boxer-Panzer, Dingo-Spürpanzer und Patrouillenboote zu finden sind.

Rüstungsexporte sind für Merkel Mittel der Außenpolitik

Zum einen versteht es die Bundesregierung durchaus als ihre Aufgabe, Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie zu sichern. Zum anderen nutzt Kanzlerin Angela Merkel Rüstungsexporte als Mittel der Außenpolitik. Ihr Anliegen ist es, aus ihrer Sicht strategisch wichtige Länder in die Lage zu versetzen, Probleme in der jeweiligen Region selbst zu lösen, wenn nötig auch mit dem Einsatz von deutschen Waffen. Ein gewiss nicht unwesentliches Motiv dafür ist, möglichst keine Soldaten der Bundeswehr in Krisenregionen entsenden zu müssen.

Saudi-Arabien ist ein Beispiel für diese Strategie. Das Land ist, dazu bekennt sich die Bundesregierung offen, für Deutschland ein „Stabilitätsfaktor“ im Nahen Osten. Die westliche Staatengemeinschaft ist stets bemüht, sich die Rivalität des Landes mit dem Iran zunutze zu machen. Außerdem gilt Saudi-Arabien trotz schwerster Menschenrechtsverletzungen mit seiner vergleichsweise gemäßigten Haltung Israel gegenüber als unverzichtbarer Partner im Nahost-Friedensprozess.