Mit der Umwandlung des ehemaligen Gewerbegebietes der inzwischen insolventen Firma zum Wohngebiet „Auf der Steige“ will sich die Stadt Rutesheim an dem Landeswettbewerb um den „Flächenrecyclingpreis 2013“ beteiligen.

Rutesheim - Eine Industriebrache, die nach dem Konkurs des größten Arbeitgebers im Ort übrig bleibt, wird zu einem hochbegehrten Wohngebiet. Diese Erfolgs-Story ist in den vergangenen drei Jahren in Rutesheim geschrieben worden, jetzt will die Stadt auch dafür gelobt werden. Deshalb beteiligt sich Rutesheim nun an einem Wettbewerb des Landes für Flächenrecycling und Entwicklung innerorts. Das hat der Technische Ausschuss des Gemeinderates am Montag einstimmig gebilligt.

 

„Der Wettbewerb hat das Ziel, die Innenentwicklung der Kommunen zu stärken und nicht immer mehr neue Bauvorhaben auf die grüne Wiese zu stellen“, erläuterte der Rutesheimner Stadtbaumeister Bernhard Dieterle-Bard. Zudem solle das öffentliche Bewusstsein geschärft werden, weniger Flächen zu verbrauchen. Die Ausschreibung wird seit 2006 alle zwei Jahre vom Land herausgegeben. Die Ausrichter sind das der Verein „Altlastenforum“, die Architektenkammer des Landes, der Gemeindetag, der Städtetag, der Sparkassenverband sowie das Umweltministerium.

„Was eignet sich besser für diesen Wettbewerb als unser neues Wohngebiet Auf der Steige?“, meinte Dieterle-Bard im Ausschuss. Hier sei nach dem Motto „Aus Stillstand wurde Zukunft“ das ehemalige Drescher-Areal im Südwesten der Stadt umgewandelt worden, und die meisten Häuser stehen schon. In dem Gebiet gibt es eine Mischung aus Einzel-, Doppel- und Reihenhäusern sowie Geschosswohnbau.

Durch den ausgeweiteten Stadtbus sei eine vorbildliche Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr geschaffen worden, hinzu komme die gute Anbindung zur Autobahn, listete Dieterle-Bard Vorzüge auf. Gelungen sei nicht nur ein direkter Anschluss an die vorhandenen Häuser sondern auch eine gute Einbindung des neuen Wohngebietes in das Landschaftsbild. Davon ist der Rutesheimer Stadtbaumeister überzeugt.

Doch so einfach, wie es sich jetzt darstellt, war die Umwandlung eines ehemaligen Gewerbegebietes in Bauland nicht. Die böse Überraschung schlummerte im Untergrund. Bei den Abbrucharbeiten sind im Sommer 2010 in Tiefen zwischen drei und fünf Metern Bodenverunreinigungen vor allem in Form von Mineralölen zum Vorschein gekommen. Unter den neueren Hallen fand man die Überreste von vorherigen Bauten, große Benzintanks einer firmeneigenen Tankstelle tauchten auf.

Richtig problematisch wurde es im Untergrund der Halle, in der einst die Heizzentrale von Drescher untergebracht war. Im Boden lagerten vier 100 000-Liter-Tanks für Mineralöl, von dem reichlich in den Untergrund gelangt war. An manchen Stellen wurden sogar mit schwerem Gerät Gruben in den Fels gemeißelt, um das verunreinigte Gestein zu entsorgen. „Für den Gemeinderat und die Verwaltung war klar, dass wir einwandfreie Grundstücke wollten“, so der Rutesheimer Bürgermeister Dieter Hofmann im Rückblick.

Deshalb habe man auch den letzten Tropfen Öl herausgeholt und das Gelände mit dem besten Boden auffüllen lassen, der aufzutreiben war. Es sei gar nicht so einfach gewesen, sogenannte „Z-Null-Erde“ zu bekommen, um den Krater zu füllen. So wird im Verwaltungsdeutsch völlig von Schadestoffen unbelasteter Erdboden bezeichnet. „Doch es war die richtige Taktik, niemand hätte ein Grundstück gekauft, bei dem der Teufel im Untergrund steckt. Die Käufer haben das honoriert, sonst hätte man uns nicht die 114 Baugrundstücke aus den Händen gerissen“, ist Hofmann überzeugt.

Dass man die alten Gebäude abgerissen und den Boden saniert hat, musste sich die Stadt dann letztendlich 3,57 Millionen Euro kosten lassen. Eingeplant waren ursprünglich 850 000 Euro. Somit ist die Erschließung des neuen Wohngebietes mit rund 6,3 Millionen Euro zu Buche geschlagen. Doch das konnte die schuldenfreie Kommune problemlos schultern, vor allem da rund 30 Millionen Euro Erlöse aus dem Verkauf der Bauplätze winkten – was mittlerweile bereits Realität geworden ist.