Die Bahn muss sich endlich anstrengen, die Fahrgäste von den Vorzügen des S-Bahn-Systems zu überzeugen, fordert der StZ-Redakteur Christian Milankovic in seinem Kommentar nach dem Fiasko am Mittwochabend.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Womöglich ist es zu viel verlangt, keine 24 Stunden nach dem von einer gerissenen Oberleitung ausgelösten S-Bahn-Chaos, von der Deutschen Bahn detailliert Auskunft über die Gründe für diese Havarie zu erwarten. Aber der Konzern kann seinerseits nicht erwarten, die Geduld und das Nervenkostüm seiner (nicht schlecht) zahlenden Kundschaft über Gebühr strapazieren zu können.

 

Tatsächlich taugt der Zwischenfall vom Mittwoch nur bedingt, den Stab über der Deutschen Bahn zu brechen. Die vielen kleinen Pannen an Weichen, Signalen und in Stellwerken sind auf Dauer viel zermürbender als dieser spektakuläre Stillstand wegen eines nicht alltäglichen Leitungsrisses. Und ja, die voll besetzten Züge der gern als Rückgrat des Nahverkehrs apostrophierten S-Bahn tragen viel dazu bei, dass die Region nicht noch tiefer im Dauerstau-Chaos versinkt.

Doch genau das ist der Knackpunkt. Der Zuspruch der Passagiere ist keinesfalls dem unschlagbar günstigen und mit allen Vorzügen eines exzellenten Services versehenen Angebots geschuldet. Viele Berufspendler fahren nicht aus Überzeugung S-Bahn, sondern weil sie das kleinere Übel in einer Region ist, in der vieles von der Mobilität abhängt – und man doch viel Lebenszeit mit der Betrachtung der Stoßstange des Vordermanns verplempern kann.

Die Bahn täte gut daran, die vielen Menschen, die sie jeden Tag in der Region von A nach B fährt, von den Vorzügen des Systems zu überzeugen. Die Versuche der Politik, die DB dabei aufs richtige Gleis zu setzen, muten manches Mal etwas halbherzig an. Und doch führt kein Weg an einem leistungsfähigen Nahverkehr vorbei, bei dem vor allem Zuverlässigkeit Trumpf ist.