Schwachstellen wie die erwähnten sind in „S.“ jedoch kein Fehler, sondern Merkmal eines Erzählens auf mehreren Ebenen, das sich um eigentlich literarische Qualität nicht schert. „S.“ will keine Höhenkammliteratur sein, trotz der Anklänge an Nabokov, an den großen Diplom-Weltbibliothekar Borges und seine Lehrlinge im Reich der Metafiction Italo Calvino und Umberto Eco. „S.“ will gute Unterhaltung bieten, keine Frage. Die Frage ist: welcher Art?

 

Diese Schnitzel- und Schnipseljagd zwischen Buchdeckeln trägt alle Züge eines postmodernen Gesamtkunstwerks. Das teure Design soll dem Leser, der eigentlich ein Nutzer ist, das Mitspielen ermöglichen, ebenso das offizielle Blog-Forum, auf dem J. J. Abrams und Doug Dorst die Fäden weiterspinnen. „S.“ ist geplottet wie ein Mystery-Thriller, wie eine horizontale TV-Serie – oder wie eine andere neuere Entwicklung renditeträchtigen Einfallsreichtums junger Kreativer im Dienste der Erschaffung weltumspannender Reiche digitalen Vergnügens. Die Poetologie von „S.“, dieser „Feier des Analogen“, wie J. J. Abrams es selbst nennt, ist die des digitalen Hyperlinks, und die DNA dieser „Liebeserklärung an das geschriebene Wort“ hundertprozentig die eines elaborierten Computerspiels. Die Zukunft der Literatur dürfte anderswo liegen.