S-Mitte Namensstreit Bürger wollen keinen Therese-Huber-Platz

Im Quartier regt sich Widerstand: Die Nachbarschaft hätte lieber den Namen Gerberplatz oder Gerberplätzle.
S-Mitte - Der kleine Platz zwischen Sophien- und Christophstraße liegt sehr verborgen. Kaum einer nahm lange Zeit Notiz von dem Ort. Das änderte sich jedoch schlagartig, nachdem der frühere Quartiersmanager des Gerberviertels, Hannes Wolf, sich erlaubte, den Platz zu benennen. Wolf montierte ein Schild und schuf Fakten im Sinne der Bürger und Händler. Alle waren sich einig: Das Plätzle soll den Namen tragen, den er seit Jahrzehnten im Volksmund hat: schlicht Gerberplätzle.
Politische Dimension
Was die Menschen im Quartier freute, grämte manchen in der Stadtverwaltung. Dort schickte man eine Trupp von der Abfallwirtschaft los, um dem anarchischen Treiben radikal ein Ende zu setzen. Die Stange, an der das Namensschild montiert war, fiel sprichwörtlich im Morgenrot.
Von nun hatte die Causa Gerberplätzle eine politische Note, die bis heute gespielt wird. Zunächst im Bezirksbeirat Mitte, dann auf Bürgermeisterebene. Im Bezirksbeirat diskutierte man unter der Leitung von Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle insgesamt fünf Namensvorschläge. Darunter war auch Oskar Schlemmer. Aber am Ende setzte sich der Vorschlag von der Literaturwissenschaftlerin Mascha Riepl-Schmidt durch: Therese-Huber Platz.
Die Schriftstellerin (1764 – 1829) war die erste Tageszeitungsredakteurin in Stuttgart. Therese Huber agierte auch als Salonière, die als Streiterin für weibliche Bildungsmöglichkeiten und für qualifizierte Berufsausübungen für Frauen kämpfte.
Besser mit den Leuten reden
Mit dem Namen des Platzes sollte nicht nur Therese Huber als Person gewürdigt werden, sondern auch das Geschichtsbewusstsein der Bürger gefördert werden. Also gab auch der Gemeinderat schließlich sein Plazet. Am Freitag, 19. Oktober, um 14 Uhr, sollte der Therese-Huber-Platz offiziell eingeweiht werden. Die am Platz liegende Kita wollte ein Lied dazu singen, Bürgermeister Fabian Mayer die Feierlichkeiten intonieren und die Frauenforscherin Riepl-Schmidt das Leben und Wirken von Therese Huber erläutern, ehe das neue Platzschild enthüllt werden sollte.
Doch nun kommt die Kehrtwende. Die Platztaufe ist abgesagt. Grund sind aufgebrachte Bürger, die erst jetzt von der Sache erfahren haben. Sie wollen die Namensgebung rückgängig machen und plädieren für Gerberplätzle oder Gerberplatz. Sogar eine Unterschriftenaktion war zunächst angedacht. Aus diesem Grund plädierte Veronika Kienzle dafür, mit diesen Bürgern „in einen Dialog über den Platznamen zu treten“: „Meine Haltung ist immer: Besser mit den Leuten reden, als die Dinge einfach durchziehen.“
Gleichzeitig bedauert sie es aber, dass jene Bürger sich mit ihrem Protest nicht an dem demokratischen Prozess im Bezirksbeirat beteiligt haben. Tatsächlich ermöglicht es Veronika Kienzle den Bürgern immer, sich während den Sitzung an den Diskussionen zu Wort zu melden.
Nach dem geplanten Gespräch mit den Bürgern des Quartiers am 19. Oktober soll dann laut Kienzle ein neuer Termin für die Platztaufe gefunden werden.
Man darf gespannt sein, welchen Namen das Schild dann trägt.
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