Der Vorstand fordert von der Belegschaft Gehaltsverzicht. Andernfalls drohen Entlassungen am Stammsitz Pfullendorf und im ostwestfälischen Enger.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Der badische Küchenhersteller Alno erwägt den Abbau von rund 100 Stellen am Stammsitz Pfullendorf und im ostwestfälischen Enger. „Es ist durchaus möglich, dass wir bis zu 100 Mitarbeitern entlassen oder auch mehr“, sagte Finanzchefin Ipek Demirtas bei einem Pressegespräch in Frankfurt. Vermeiden ließe sich dies allerdings, wenn die Belegschaft der beiden defizitären Werke dem Unternehmen mit Gehaltsverzicht oder längeren Arbeitszeiten entgegenkomme. „Für uns entscheidend ist eine Kostenreduktion von sechs bis zehn Millionen Euro jährlich“, sagte Demirtas. Derzeit beliefen sich die Personalkosten für die insgesamt 1834 Alno-Mitarbeiter im In- und Ausland auf 100 Millionen Euro.

 

Der Betriebsrat in Pfullendorf und die zuständigen Gewerkschaftssekretäre der IG Metall waren am Dienstag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Der Betriebsrat in Enger reagierte überrascht. Bisher sei weder von der Entlassung von bis zu 100 Mitarbeitern noch von einer Verlängerung der Wochenarbeitszeit die Rede gewesen, hieß es aus der Arbeitnehmervertretung. Allerdings habe der Vorstand mitgeteilt, dass die Einsparungen etwa den Kosten für 130 Vollzeitstellen entsprechen sollten. Eine erste Verhandlungsrunde mit Vertretern des Vorstands, der IG Metall und des Betriebsrats sei für kommenden Dienstag geplant. Der für Enger zuständige Gewerkschaftssekretär Uwe Najduk von der IG Metall sagte: „Wir gehen davon aus, dass keine Entlassungen stattfinden dürfen. Da müssen andere Wege gefunden werden.“

Mini-Gewinn erhofft

Der zweitgrößte deutsche Küchenhersteller Alno peilt nach jahrelangen Verlusten für 2012 erstmals wieder einen operativen Gewinn an. In den ersten neun Monaten dieses Jahres entstand noch ein Minus von 700 000 Euro vor Steuern, im Vergleich zum Vorjahr gingen die Verluste aber erheblich zurück. Zudem befreit sich das Unternehmen von Schulden: Alno plant im November eine Kapitalerhöhung, um seinen Gläubigerbanken 44 Millionen Euro zurückzuzahlen. Auf weitere elf Millionen Euro an offenen Forderungen will das Bankenkonsortium unter Führung der Commerzbank verzichten.

Vorstandschef Max Müller zeigte sich sicher, dass die Kapitalerhöhung gelingt. Denn falls sich für die 44 Millionen neuen Aktien zum Stückpreis von rund einem Euro nicht genug Käufer finden, will notfalls Altaktionär Whirlpool einspringen. Zu dem US-Küchengerätehersteller gehört die Bauknecht Hausgeräte GmbH, einer der wichtigsten Lieferanten von Alno. Müller selbst will seinen Anteil von weniger als drei auf „fünf bis zehn“ Prozent aufstocken.

Kurzarbeit im Oktober und November

Um die Profitabilität der in Pfullendorf und Enger gefertigten Premium-Marken Alno und Wellmann zu verbessern, erhöhte das Unternehmen Anfang August die Preise seiner teureren Küchen um acht bis 13 Prozent. Trotz eines Rückgangs bei den Bestellungen seien seither die Umsätze gestiegen, sagte Müller. Wegen der sinkenden Auftragszahlen wurde in Pfullendorf und Enger allerdings für einen Teil der Belegschaft Kurzarbeit angesetzt. An sieben Tagen im Oktober und November bleiben einige Hundert Mitarbeiter zu Hause.

Gewerkschaftsvertreter zeigten sich deshalb über die Forderung nach Mehrarbeit in den beiden Werken irritiert. Der Unternehmenssprecher sagte dazu, es gehe um die Steigerung der Produktivität. In Pfullendorf würden neben Küchen der Kernmarke Alno auch Bauteile für die günstigeren Schwestermarken Pino und Impuls hergestellt. Eine höhere Wochenarbeitszeit in Pfullendorf käme deshalb dem Gesamtkonzern zugute.

Neben Einsparungen plant Alno einen Ausbau des Auslandsgeschäfts. Derzeit erzielt das Unternehmen nur 16 Prozent seiner Umsätze außerhalb von Deutschland und Österreich. Wenn es mit Umsatz und Ergebnissen in den nächsten Monaten weiter bergauf gehe, „wäre ein Personalabbau kein Thema“, versicherte der Sprecher.