Obwohl er erst vor vier Jahren zum Kapitän des Fernsehschiffs befördert wurde: Sascha Hehn hat keine Lust mehr auf „Das Traumschiff“ im ZDF. Er reichte die Kündigung ein und sorgt damit für Wellen.

Stuttgart - Es ist so leicht dahingesagt: Die alte Bundesrepublik stirbt aus. Aber da ist was dran: Kohl, Genscher – alle nicht mehr hier. Und jetzt das: Sascha Hehn gibt seinen Rückzug vom einstigen ZDF-Quotenkracher „Das Traumschiff“ bekannt. Vom Sonnendeck aus betrachtet: Zumindest weilt der 63-Jährige unter den Lebenden, die Kündigung erfolgte aus freien Stücken.

 

„Leider hat die Serie in den letzten zwei Jahren ihren Charme verloren“, sagte Hehn der „Bild“-Zeitung. „Vielleicht ist der ja mit Wolfgang Rademann gegangen – ich weiß es nicht, aber meinen möchte ich gern noch eine Weile behalten.“ Rademann, der das insbesondere in den 80er Jahren erfolgreiche Fernsehformat erfunden hatte, starb 2016. Hehn deutete auch an, mit seinen Versuchen, das Format zu innovieren, gescheitert zu sein. „Es gibt viele Gründe dafür, einer davon ist, dass sich in der Fernsehbranche vieles verändert hat und das nicht immer zum Positiven.“

Ein fesches Stück „alte Bundesrepublik“

Ein Teil bundesdeutscher Geschichte ist der Mann 1981 geworden. Da heuerte Hehn als Steward „Victor Burger“ auf dem TV-Dampfer an. So eine Art „Beistellmann“, eine männliche Sexbombe: lächerlich gut aussehend, charmant und ohne nennenswerte Abgründe. So einer, der mehrere Generationen von Damen träumen ließ, und das schloss auch Abendbrot mit ihm als Schwiegersohn ein. Etwas mehr Kante durfte er in „Die Schwarzwaldklinik“ einbringen: Da spielte er Dr. Udo Brinkmann, einen Hallodri mit Medizinstudium.

Dass Hehn nun seine Papiere beim „Traumschiff“ einreicht, ist kein Novum. Das hat er bereits 1987 schon mal getan, drei Jahre später schon kehrte er kurzzeitig als erster Offizier Stefan Burger auf das Schiff zurück – als, Achtung, Victors Zwillingsbruder. Dann der Karrieresprung: 2014 wurde Victor Burger zum Kapitän befördert. Mehr geht nicht im Kreuzfahrtgeschäft. Für die mittlerweile angestaubte Unterhaltungssendung leider auch nicht. So wirkte „Das Traumschiff“ in den vergangenen Jahren tatsächlich wie aus der Zeit geschippert, ein Relikt von früher.

Mit etwas überstrapazierter TV-Romantik konnte die Nation Victor Burger und Sascha Hehn tatsächlich beim Älterwerden zuschauen – vom Chefsteward zum Kapitän des Traumschiffs, den er in den vergangenen vier Jahren spielte. Fans, ob ironischer oder tatsächlicher Natur, erinnern auch gerne an seine Frühwerke, teils bizarre Fummelfilme wie das genitalgesteuerte „Blutjung und liebeshungrig“ oder Unfug wie „Schulmädchen-Report“.

Zeitgeist und Selbstironie

Dass Hehn neben einem Abonnement auf den vertrauenswürdigen Schönling durchaus auch der Zeitgeist geläufig war, zeigte er als Synchronstimme des knuffigen Ogers „Shrek“ und mit nahezu schmerzhafter Selbstironie in der ZDF-Medien-Sitcom „Lerchenberg“. Da mimte er einen gealterten Serienstar und Stinkstiefel auf der Suche nach dem Comeback.

Und dann ist da natürlich noch ein Stück „alte Bundesrepublik“: Um dem Wehrdienst zu entgehen, verlegte der 1981 bereits viel beschäftigte Schauspieler seinen Wohnsitz von München nach Westberlin – das flog auf. Hehn saß mehrere Wochen im Gefängnis und musste dennoch einige Monate Wehrdienst bei den Gebirgsjägern leisten. Vielleicht ist er tatsächlich ein bundesdeutsches Kunstwerk, der Kapitän.