Mathias Richling hat den Ehren-Kleinkunstpreis des Landes bekommen. Laudator in der Rosenau war Ministerpräsident Winfried Kretschmann – ein Novum.

Stuttgart - Wer ist wer? „Wenn ich die Sendung (Studio Richling, Anm. d. Red.) mal zufällig sehe, muss ich mich schon zwicken, um zu wissen, ob ich noch da bin“, sagt Winfried Kretschmann. Mathias Richlings Parodie des Ministerpräsidenten ist Kult. Er beherrscht nicht nur Kretschmanns gedehnte Vokale, sondern es besteht durchaus eine gewisse Ähnlichkeit in der Physiognomie. Von der Frisur gar nicht zu reden. Also ist es nur folgerichtig, dass laut Protokoll der echte den falschen auszeichnet. Und die Preisübergabe mit folgenden Worten selbst in die Hand nimmt: „Sie hätten meine Rede auch ganz gut selber halten können“.

 

Am Donnerstag hat der MP mit Leibwächtern und Entourage in der von Zuschusskürzungen bedrohten Kleinkunstbühne Rosenau am Feuersee vorbeigeschaut. „Guten Abend!“, grüßte er jovial in die Runde, später bestellte er sich einen Rotwein an der Bar und plauderte dort mit dem Grünen-Kollegen Rezzo Schlauch. Alles ganz unspektakulär, auch ein Zeichen, dass es einen Politikwechsel gab im Land.

Zurück zur Lobrede. Richling bekomme den Ehrenpreis für sein „originelles, literarisch anspruchsvolles und unbestechliches“ Kabarett. Er sei ein feinfühliger Beobachter, der eher die Laub- als die Kettensäge benütze, so Kretschmann. Wer von ihm würdig erachtet werde, gehöre zur politischen Klasse. Zurecht: „Die Politikmaschinerie ist eine schreckliche Klischeemaschine mit ihren vorgestanzten Phrasen.“ Kretschmann äußerte aber auch Verständnis für die jüngeren Kollegen. „Wenn einem jeder Halbsatz Stress bringen kann, wird man vorsichtig – wenn man, anders als ich, noch was werden möchte.“ Auch an einer Kabarettkarriere habe er kein Interesse: „Ihr Redetempo schließt mich als Richling-Parodisten aus.“

Der Ehrenpreis wird von der Staatlichen Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg zum dritten Mal verliehen. Bisher wurden Thomas Freitag und Georg Schramm mit dem mit 5000 Euro dotierten Preis ausgezeichnet. Bei Richling bewiesen die Juroren Weitsicht: Er bekam schon 1978 den Kleinkunst-Förderpreis, 1987 dann die Auszeichnung in der Kategorie Kabarett. Am Donnerstag bekräftigten der Lotto-Geschäftsführer Friedhelm Repnik und der Kunststaatssekretär Jürgen Walter im Gespräch mit Christoph Mohr vom SWR, dass der gemeinsam ausgelobte Kleinkunstpreis fortbestehe. „Auch wenn wir ein armes Ministerium sind,“ sagte Walter und erntete ein mitleidiges „ooh“ aus dem Publikum. Unverdrossen zitierte er seinen obersten Geldgeber, den Landesvater: „Der Elefant wird nicht satt, wenn man der Maus das Fressen wegnimmt.“

Besser einen Staatspreis von Kretschmann als ein Massenprodukt wie den Bambi entgegen nehmen: Nach diesem Motto bedankte sich Richling artig bei der Oma, beim Goldfisch, und – typisch für ihn – bei seinen Kindheitstraumata. Der 59-Jährige mag zwar vom „Lebenswerk“ nicht reden, aber er gibt zu: „Ich habe mit vier Jahren schon angefangen Kabarett zu machen“. Dann, wenn er schwäbisch mit seiner aus Hannover stammenden Mutter sprach. „Die hat kein Wort verstanden.“

Im anschließenden Kurzprogramm schlüpfte er in die Rollen von Gauck, Merkel, Schmidt und natürlich Kretschmann und offenbarte einige steile Thesen zu Stuttgart 21. So seien die Demonstranten das Vorbild für die Libyer gewesen. „Die merken erst jetzt, dass sie keinen Bahnhof kriegen.“ Die Bürger hätten mehrheitlich deswegen für S 21 gestimmt, weil das Projekt immer teurer werde. Laut Richling wäre die Volksabstimmung anders ausgegangen, wenn der Bahnhof nur eine Milliarde kosten würde. „So ein billiges Klump wollet mir nicht mitten in der Stadt.“