Schauspielerin Antje Mönning im Merlin Oben ohne für mehr Offenheit

Oben ohne zu sein sei für sie nicht immer mit Sexualität verbunden, sondern manchmal einfach mit Freiheit, so Antje Mönning im Merlin in Stuttgart. Foto: LICHTGUT/Max Kovalenko

Antje Mönning wurde als TV-Nonne bekannt und machte später mit freizügigen Rollen Schlagzeilen. Am Mittwochabend sprach sie im Merlin in Stuttgart darüber, wie normal Nacktheit in unserer Gesellschaft ist.

Psychologie/Partnerschaft: Florian Gann (fga)

Die Schauspielerin Antje Mönning tritt am Mittwochabend im Merlin auf die Bühne, ein Scheinwerfer strahlt sie in dem dunklen Raum an. Sie trägt einen petrolblauen Hoodie, der aber nur eine Übergangslösung ist. „Ich würde gerne mit nacktem Oberkörper lesen“, sagt Mönning. „Ist das für alle in Ordnung?“ Damit hat sie gleich wesentliche Themen des Abends angeschnitten: Nacktheit, Normalität, Konsens. Die Menschen im Saal stimmen zu, Mönning zieht das Oberteil aus und beginnt, aus ihrem Buch „‚Nicht normal‘ ist ganz normal“ zu lesen. Es ist der letzte Termin der Lesetour, die Tickets waren seit zehn Tagen ausverkauft.

 

Erst TV-Nonne, dann in einem erotischen Film – damals ein Skandal

Mönning, 47 Jahre alt, tritt immer wieder nackt auf, war nackt vor der Kamera und an öffentlichen Orten zu sehen. 2018 handelte ihr das im bayerischen Kaufbeuren einen Gerichtstermin ein, weil sie sich vor zwei Zivilpolizisten entblößt hatte. Der größere Aufreger war aber ihr Wechsel von der TV-Nonne in der ARD-Serie „Um Himmels Willen“ ins freizügigere Fach. Mönning dreht im Jahr 2009 „Engel mit schmutzigen Flügeln“, es gibt viele Sexszenen, sie lässt sich bei echten Orgasmen filmen, die „Bild“ veröffentlicht Screenshots davon, ein kleiner Skandal. Zumindest aus Sicht der Öffentlichkeit.

Für Mönning selbst sei der Film „ein Roadtrip zu mir selbst gewesen“, sagt sie. Lange habe sie auch „normal“ sein wollen und erst durch den Film ihre ureigene Sexualität entdeckt. So ist auch die Lesung eine Reise durch verschiedene Formen der Sexualität. Mönning liest aus Gesprächen mit einem Cross-Dresser – also einem Mann, der sich gerne wie eine Frau kleidet –, der auf einem Sextreff seinem Onkel und im Swingerclub seiner Tante begegnet. Oder aus den Schilderungen eines 82-Jährigen, der sich gerne in Latex hüllt, weil es sich für ihn weich wie Haut anfühlt. Das klingt manchmal lustig. Mönning zielt aber auf Empathie ab. Der Cross-Dresser geht einem tiefen inneren Bedürfnis nach, wird aber auch häufig bedroht. Der 82-Jährige spürt im Latex auch die Haut seiner Mutter, die kaum Körperkontakt zugelassen hatte. Es geht Mönning darum, die Bedürfnisse, die Leiden und die Lust der beschriebenen Menschen nachzuvollziehen.

Warum sind nicht alle Nippel gleich?

Sie spricht auch über den Blick auf Exhibitionismus von Männern und Frauen in unserer Gesellschaft und darüber, warum sie Nacktheit nicht immer mit Sexualität verbindet, sondern auch mal mit der Freiheit, nach dem Baden kein nasses Bikini-Oberteil anlassen zu müssen . Das kommt nicht ohne die Frage aus: Warum sorgt eine nackte Frauenbrust im Freibad, auf sozialen Medien oder beim Stillen im Café für Aufregung, während Männer überall oberkörperfrei sein können? Durch Nippelzensur wie auf Instagram trage man jedenfalls erst recht zur Sexualisierung der weiblichen Brust bei, ist man sich im Saal einig.

Der Abend ist nicht nur Lesung, sondern auch Diskussionsforum für Normen der Sexualität. „Ich will nicht missionieren, ich wehre mich ja selbst dagegen, missioniert zu werden“, sagt Mönning. „Ich freue mich, wenn es Menschen ermutigt, ihre Sexualität mehr zu erforschen und sich so zu akzeptieren, wie sie sind.“ Und: „Ich möchte zeigen, dass alles in der Sexualität normal ist, sofern gegenseitiges Einverständnis herrscht.“

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