Das Landesmuseum für Technik bietet nach einem Urteil seinen Honorarkräften künftig Teilzeitverträge. Die Rentenversicherung hatte das Museum erfolgreich verklagt. Das beobachten andere Museen mit großem Interesse.

Mannheim - Als erstes staatliches Museum in Baden-Württemberg will das Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim seine bisher als freie Mitarbeiter tätigen Museumsführer als Tarifkräfte in feste Arbeitsverhältnisse übernehmen. Dies hat der Direktor des Hauses, Professor Hartwig Lüdtke, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz angekündigt. Man habe dazu ein neues Modell entwickelt, das den Mitarbeitern faire, rechtskonforme sowie sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze und dem Museum die nötige Flexibilität gewährleisten solle, sagte er. „Das ist eine grundlegende Weichenstellung, auch das Wissenschaftsministerium trägt sie mit.“

 

Mit der Neuorganisation seiner derzeit etwa 25 Führer, die Schulklassen und andere Besuchergruppen betreuen, reagiert das Museum auf Beanstandungen der Deutschen Rentenversicherung (DRV). Die hatte, wie erst vor kurzem bekannt geworden war, nach einer Prüfung 2010 rückwirkend 87 mit Werkverträgen beschäftigte Honorarkräfte in Mannheim als Scheinselbstständige bewertet und für drei Jahre 160 000 Euro Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert. Dagegen hatte das Museum, das von einer gemeinsamen Stiftung des Landes und der Stadt Mannheim getragen wird, Widerspruch eingelegt.

Sozialgericht hat Museum verurteilt

Nach einem längeren Prozess bestätigte das Mannheimer Sozialgericht vor einigen Wochen den Standpunkt der Rentenversicherung. Bei der Tätigkeit der Führer handle es sich, entgegen den vertraglichen Vereinbarungen, tatsächlich überwiegend um abhängige Beschäftigungen, heißt es in dem Urteil, das von vielen Museen mit Interesse erwarten worden war.

Der Träger des Mannheimer Hauses, das seit einiger Zeit als „Technoseum“ firmiert, habe noch nicht entschieden, ob man gegen das Urteil Berufung einlege, erklärte Lüdtke. Dies werde von den Juristen des Wissenschaftsministeriums aus grundsätzlichen Erwägungen noch geprüft; die Frist für Rechtsmittel ende erst Ende November. Von der Entscheidung seien viele Einrichtungen landes- und bundesweit betroffen, sagte er weiter. Allein elf staatliche Häuser seien es in Baden-Württemberg. „Aber auch die kommunalen Museen verfolgen die Entwicklung aufmerksam.“

Scheinselbstständige erhalten feste Stellen

Dass Honorarkräfte Besucher durch die Ausstellungen führen, ist nach Angaben Lüdtkes in deutschen Museen seit Jahrzehnten gängige Praxis. „In Mannheim waren sie seit der Eröffnung die Regel.“ Erst in jüngster Zeit habe sich daraus ein Konflikt mit der Rentenversicherung ergeben.

Ein Sprecher des Wissenschaftsministeriums bestätigte auf Anfrage, dass es wegen der Beschäftigung von Führern auch in anderen Museen in und außerhalb des Landes Probleme mit der DRV gebe. In Baden-Württemberg habe sie alle staatlichen Museen in Stuttgart und Karlsruhe geprüft und teilweise beanstandet. Die Museen in Karlsruhe hätten dagegen Widerspruch eingelegt, in Stuttgart lägen noch keine Prüfergebnisse vor.

Das Ministerium prüft das weitere Vorgehen

„Das Ministerium nimmt, wie die gesamte Landesregierung, das Problem der Scheinselbstständigkeit sehr ernst“, sagte der Sprecher von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne). Wegen der Präzedenzwirkung des Urteils werde man das weitere Vorgehen an den anderen Standorten sorgfältig prüfen und sich in Kürze mit den Museen abstimmen.

In Mannheim ist dies bereits geschehen. Dort sollen die Führer künftig nach dem Modell „Arbeit auf Abruf“ in Teilzeit beschäftigt werden – auch mit Drittel- und Viertelstellen. Im Frühjahr solle es losgehen. sagte Lüdtke. Die Führungen könnten sich danach etwas verteuern. Man rechne mit zusätzlichen Kosten im fünfstelligen Bereich. „Wenn unser Modell in der Praxis funktioniert, werden sich sicher auch andere daran orientieren“, meinte er.