Scheufelen-Areal in Lenningen Was passiert mit der alten Papierfabrik?

Blick in die frühere Produktionshalle aus dem Baujahr 1903 Foto: /Andreas Kaier

Im Jahr 2022 hat ein Projektentwickler das Gelände der früheren Papierfabrik Scheufelen in Lenningen (Kreis Esslingen) übernommen, der ein Quartier für Gewerbe und Wohnen bauen wollte. Was ist seither passiert?

Es sei wohl schon ein wenig herzzerreißend, räumt Nicolas Sauerwein ein, als er sich im Hof hinter der Eingangspforte umschaut. Denn wo in der früheren Lenninger Papierfabrik Scheufelen einst reger Betrieb geherrscht haben muss, ist es jetzt still und leer. Sauerwein ist Bauingenieur und Projektleiter der Firma DLE Land Development, einem Investmentunternehmen mit Sitz in Berlin, das die Entwicklung des Areals im Mai 2022 übernommen hatte. Eigentümerin des Geländes ist eine von der DLE betreute Projektgesellschaft. Seitdem ist rein äußerlich nicht viel passiert auf dem Gelände, das zu einem Quartier für Wohnen und Arbeiten werden soll. Im Hintergrund hat es nach den Angaben der DLE freilich schon Gespräche mit der Gemeinde und Behörden gegeben. Dennoch muss wohl noch viel Wasser die Lauter hinunterfließen, bis die Bagger anrollen.

 

Der Projektentwickler, der mit dem Planungsunternehmen Drees und Sommer zusammenarbeitet, hofft, dass der Gemeinderat in diesem Jahr den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan fassen kann, wie Petra Müller erklärt, die Entwicklungschefin bei der DLE Land Development. Sie ist gemeinsam mit Sauerwein in dieser Woche aus Berlin angereist, unter anderem um am Dienstagabend im Planungsausschuss der Gemeinde Lenningen vorzusprechen.

Präsentiert wurden da die Ergebnisse eines gemeinsamen Workshops der Planer mit der Verwaltung und dem Gemeinderat. „Wir hoffen auf Zuspruch“, sagt die Architektin. Die DLE will ein Quartier mit Altbestand und neuen Gebäuden schaffen sowie gemischter Nutzung durch Gewerbe, Dienstleistung und Wohnen. Wie viele Firmen und wie viele Haushalte hier künftig Platz finden könnten, dazu will Müller nicht einmal eine grobe Richtgröße nennen. Das werde sich aus den weiteren Planungen und Gesprächen mit der Gemeinde und den Genehmigungsbehörden ergeben.

225 000 Quadratmeter Fläche

Wer an dem Areal vorbeifährt, wird aber schnell zu dem Schluss kommen, dass die Dimensionen enorm sind. Die Grundstücksfläche beträgt 225 000 Quadratmeter, die Grundfläche der 30 Gebäude etwa 143 500 Quadratmeter, wovon mehr als die Hälfte Wohnraum gewidmet ist. Das Gelände befindet sich am nördlichen Rand von Oberlenningen und umfasst Flächen auf beiden Seiten der Adolf-Scheufelen-Straße sowie beiden Seiten der Lauter, die derzeit teils sichtbar, teils unterirdisch das Betriebsgelände teilt. Östlich der Straße, so stellt es sich die DLE vor, könnte ein reines Gewerbegebiet entstehen, zwischen Straße und Lauter, wo sich der ältere Teil der Fabrikgebäude befindet, ein – laut Müller – „urbanes Quartier“ mit gemischter Gewerbe- und Wohnnutzung, während westlich der Lauter Wohnhäuser für unterschiedliche Bedarfe gebaut werden sollen. „So ergibt sich die Chance, dass Ober- und Unterlenningen zusammenwachsen“, sagt Müller. Während das Privatgelände derzeit eingezäunt ist – ein Securitydienst kontrolliert den Zugang –, soll nach Vorstellung der DLE ein für alle zugängliches Quartier mit Arbeitsplätzen und anderen öffentlichen Nutzungsmöglichkeiten entstehen. Man werde wohl „auslüften“, sagt Müller beim Rundgang über das alte Betriebsgelände, das aufgrund zahlreicher späterer Bauten und Anbauten aus unterschiedlichen Epochen recht verwinkelt ist. Während der denkmalgeschützte ältere Teil erhalten bleiben soll, würden Bauten aus späteren Jahren wohl abgerissen. Das Areal umfasst einen Gebäudebestand vom 19. Jahrhundert an bis in die späteren Jahre der Papierfabrik. Ob die Lauter tatsächlich in weiten Teilen freigelegt und renaturiert werden kann, wie es sich der Projektentwickler ursprünglich vorgestellt hatte, ist noch offen – dagegen gibt es laut Petra Müller Bedenken der Denkmalbehörden, die gerne die Industriegeschichte des Areals sichtbar halten möchten.

Bis zum Baubeginn dauert es noch

Bis mögliche Bauarbeiten beginnen können, muss man nach Einschätzung von Müller mit gut drei weiteren Jahren Vorarbeit rechnen. „Wir haben noch einen langen Weg vor uns.“ Dabei spielten die gestiegenen Bau- und Finanzierungspreise keine verzögernde Rolle, betonen die Projektbeteiligten. Vielmehr erhoffen sie sich, dass die Immobilien dann auf den Markt kommen, wenn dieser sich erholt hat. Schneller könnte es lediglich bei den Gewerbeflächen östlich der Adolf-Scheufelen-Straße gehen, sollten sich Interessenten finden. Zwischenzeitlich bleibt der Großteil der Flächen zwar ungenutzt, unter anderem weil in den Gebäuden Vorgaben beispielsweise zum Brandschutz nicht eingehalten werden könnten. Immerhin rund 31 400 Quadratmeter sind aber durch 37 Mieter genutzt.

Familienunternehmen mit langer Tradition

Papierfabrik
 Die Papierfabrik Scheufelen wurde 1855 in Oberlenningen gegründet, nachdem sich dort bereits eine seit 1769 bestehende Papiermühle befunden hatte. In Spitzenzeiten waren mehr als 2000 Menschen beschäftigt. 1982 geriet Scheufelen in Turbulenzen, 2008 musste das Familienunternehmen Insolvenz anmelden. In der Folge gab es mehrere Eigentümerwechsel, Personalabbau und weitere Insolvenzen. Immer wieder wurden Anläufe unternommen, zumindest Teile des Unternehmens zu retten.

DLE
 Die DLE Land Development GmbH ist ein Projektentwickler und Teil der DLE Group AG (kurz für Deutsche Land Entwicklung) mit Sitz in Berlin. Das Unternehmen ist eine international agierende Fondsgesellschaft. Den Angaben der DLE zufolge sind die Gesellschafter vor allem institutionelle Investoren wie Rentenkassen oder Versorgungswerke aus Deutschland. Die Papierfabrik Scheufelen ist nicht das erste große Industrieareal, das DLE Land Development entwickelt.

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