Das Traditionsunternehmen Schleich setzt nach dem Besitzerwechsel stärker auf junge Kunden. Mit seinen Spielzeugwelten ist das Unternehmen aus Schwäbisch Gmünd allerdings nicht allein – auch die Konkurrenz schläft nicht.

Stuttgart - Die Worte von Schleich-Geschäftsführer und Minderheitsgesellschafter Thomas van Kaldenkerken klingen wie eine Kampfansage an die zunehmend digitalisiert daherkommende Konkurrenz in der Branche: „Wir entwickeln mit Kindern echtes Spielzeug für Kinder und keine stilisierte Spielware“, lässt sich der Manager in einer Pressemitteilung des französischen Finanzinvestors Ardian zitieren. Dieser übernimmt die Mehrheit an Schleich von der Beteiligungsgesellschaft Hg Capital, wie am Sonntag bekannt wurde. Über den Kaufpreis sei stillschweigen vereinbart worden. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ sprach von rund 220 Millionen Euro. 165 Millionen hatte Hg Capital 2006 bei seinem Einstieg gezahlt. Noch im vergangenen Jahr war ein Verkauf der bekannten Marke daran gescheitert, dass keiner der Interessenten bereit war, die aufgerufenen 200 Millionen Euro zu zahlen.

 

Nun ist ein neuer Eigentümer gefunden, der von Kaldenkerkens Konzept überzeugt ist. Der 50-Jährige, der am Montag für keine Stellungnahme zu erreichen war, leitet das Traditionsunternehmen aus Schwäbisch Gmünd seit dem vergangenen Jahr. 2013 steigerte der Produzent der Hartgummifiguren seinen Umsatz um sieben Prozent auf 106 Millionen Euro. Angaben zum Gewinn machen die Gmünder nicht. Das Ergebnis sei „zweistellig gewachsen“, sagte Kaldenkerken am Rande der Spielwarenmesse im Februar. Für das laufende Jahr wird ein Wachstum auf ähnlichem Niveau angestrebt.

Schleich will mit seinen Spielewelten international zulegen

Um den erfolgreichen Kurs fortzusetzen, will der Schleich-Chef vor allem das Auslandsgeschäft ausbauen und seinen Wettbewerbern im Bereich der sogenannten Spielewelten Marktanteile abjagen. 50 Millionen Einzelfiguren verkauft das Unternehmen nach eigenen Angaben jährlich. Entwickelt werden sie nach wie vor am Stammsitz in Schwäbisch Gmünd, wo rund 125 der 340 Beschäftigten arbeiten. Allein in diesem Jahr wurden mehr als 100 Neuheiten – neben Figuren auch immer mehr Zubehörartikel – auf der Messe in Nürnberg vorgestellt; darunter auch ein Pferdehof, der verdeutlicht, worum es bei den Spielewelten eigentlich geht: „Wir sind mit Kindern in echte Reitställe gegangen und haben gefragt, was sie sich zum Spielen wünschen“, so Kaldenkerken. Die Realität soll möglichst originalgetreu abgebildet werden, bis hin zur Satteltasche und zur Pferdebürste.

Das Konzept ist freilich nicht ganz neu. Es biete Schleich zwar die Gelegenheit, neue Kundschaft in den Kinderzimmern zu gewinnen, ohne die zahlreichen Sammler zu verschrecken, sagt Ulrich Brobeil. Der Geschäftsführer des Deutschen Verbandes der Spielwarenindustrie sieht in dieser Strategie aber auch Wettbewerbsrisiken: „Spielewelten machen andere Hersteller auch“, so der Verbandschef. Branchengrößen wie Lego oder Playmobil würden schon lange das Rundumpaket anbieten. Die Strategie zur Expansion in ausländische Märkte sieht Brobeil dagegen ohne Einschränkung positiv. Da habe Schleich noch Luft nach oben. Heute werden 60 Prozent der Umsätze im Ausland erwirtschaftet.

Ravensburger macht Schleich mit seinen Tieren Konkurrenz

Speziell im Bereich der kleinen Hartgummifiguren hat Schleich aber auch einen starken Mitbewerber, der erst in jüngster Zeit auf den Plan getreten ist: Ravensburger. Der Spielehersteller vom Bodensee ist nach eigenen Angaben so gut in dieses Geschäftsfeld gestartet, dass er schon im zweiten Jahr das Sortiment ausweitet. Begonnen hatte man mit je 30 Tieren vom Bauernhof (plus Hof und Zubehör) sowie aus der afrikanischen Savanne. „Wir haben im ersten Jahr nur in Deutschland eine Millionen Tiere an den Handel ausgeliefert“, sagte Ravensburger-Chef Karsten Schmidt in Nürnberg, wo er auch ankündigte, dass im Laufe dieses Jahres 30 Dinosaurier hinzukommen. Darauf angesprochen, dass Schleich seit Jahrzehnten kleine Schweine, Löwen und Dinos anbietet, entgegnete Schmidt lächelnd: „Aber unsere Tiere können sprechen.“ Der akustische Lernstift Tiptoi von Ravensburger mache viele Zusatzinformationen hörbar.

Bei Schleich ist Branchenkennern zufolge ebenfalls schon bald mit neuen vielversprechenden Spielsachen zu rechnen. Allerdings lässt sich Geschäftsführer Kaldenkerken noch nicht in die Karten schauen.