Im Rathaus werden viele Fragen gestellt, nur wenige aber von den Bahnexperten eindeutig beantwortet. Eine Zwischenbilanz der Schlichtung.

Stuttgart - Die Schlichtung mit Befürwortern und Gegnern des Bahnprojekts Stuttgart-Ulm im Rathaus ist den Bürgern im Vorfeld vollmundig als "Faktencheck" verkauft worden, der Klarheit im Fachstreit bringen sollte. Dieser Anspruch konnte in den bisherigen drei Veranstaltungen, in denen es um die Leistungsfähigkeit des neuen Tiefbahnhofs und die Notwendigkeit der Neubaustrecke nach Ulm ging, bisher nur selten erfüllt werden. Das Themenspektrum ist weit und erscheint zunehmend unübersichtlich. Den Antworten mangelt es häufig an Beweiskraft; diese im richtigen Moment einzufordern, würde vom Schlichter Detailkenntnisse verlangen, die von Heiner Geißler aber nicht erwartet werden können, weshalb ihm ein fachkundiger Beisitzer ganz gut täte. Viele Fragen sind noch offen, wie einige Beispiele zeigen.

Wie eng sind die Flaschenhälse?
In der Debatte wurde deutlich, dass die Leistungsfähigkeit des neuen Tiefbahnhofs angezweifelt wird. Aber nicht nur wegen seiner acht Durchgangsgleise, sondern auch wegen der Engpässe im Norden und im Süden sowie der Beseitigung der Gäubahn. Weil die Regional- und Fernzüge künftig nur fahren dürfen, wenn auf den Mischstrecken keine S-Bahn unterwegs ist, wird das Angebot freier Trassen eingeschränkt. Zudem werden, anders als heute, die S-Bahn-Gleise aus Richtung Zuffenhausen und Bad Cannstatt nicht mehr vom Regional- und Fernverkehr genützt werden können. Sind vor diesem Hintergrund die angegebenen Fahrzeiten realistisch? Bisher hieß es, vom Hauptbahnhof sei man in acht Minuten am Flughafen, jetzt sind nur noch sieben veranschlagt - und dies, obwohl die Geschwindigkeit im Fildertunnel teilweise auf 100 Kilometer pro Stunde beschränkt wurde. Welche Auswirkungen könnten Fahrplanprobleme bei Stuttgart 21 für die Anschlüsse der vielen Nebenbahnen haben? Bislang auch nicht thematisiert: die Engstelle Wendlinger Kurve. Hier kreuzen sich Fern- und Regionalzüge ebenerdig.

Wie stark wird der Abstellbahnhof frequentiert?
Der Engpass im Tiefbahnhof und im Zulauf nach Wangen wird durch zahlreiche Fahrten zum und vom Abstellbahnhof in Untertürkheim verstärkt, die nur auf wenigen Gleisen möglich sein werden. Dorthin müssen auch Züge fahren, für die eine Bremsprobe nötig ist. Diese ist im Bahnhof nicht möglich, weil die Bahnsteige mit 15,1 Promille ein fünfmal stärkeres Gefälle aufweisen als erlaubt. Sie werden deshalb so zur Seite geneigt, dass Kinderwagen nicht auf die Gleise rollen können. Gibt es dafür schon eine Betriebsgenehmigung? Über den Umfang der Fahrten zum Abstellbahnhof wurde noch nicht gesprochen; interessant wären auch die durch Rangierfahrten entstehenden Kosten: schließlich muss die Nutzung von Station und Trasse bezahlt werden.