Schmotziger Donnerstag in Wernau und Neuhausen Mit welchem Kostüm die neue Bürgermeisterin die Narren verblüffte

Benjamin Götz macht mit den Waschlappen Glunkern in Neuhausen Musik. Foto: Ines Rudel

Trompeten und Schalmeien reißen die Menschen in Neuhausen am Schmotzigen Donnerstag aus dem Schlaf. In Wernau musste Bürgermeisterin Christiane Krieger ihren Chefsessel für die Narren räumen – die mussten zwei Mal hinschauen, als sie vor ihr standen.

Um 5 Uhr morgens wecken Trompeten, Pauken und Schalmeien die Menschen in Neuhausen am Schmotzigen Donnerstag. Dann ziehen die Waschlappen Glunker durch die Straßen. Die Guggenmusiker haben sich schon um 4.30 Uhr bei ihrem langjährigen Leiter Markus Novak und seiner Frau Caroline zum Weißwurstfrühstück getroffen. Die beiden sind in dieser Kampagne das Prinzenpaar des Narrenbunds. Beim Fasnetswecken spielt Markus IV. die Schalmei. In den Hochburgen Neuhausen und Wernau waren zum Auftakt der närrischen Hochphase auf den Straßen Massen unterwegs.

 

Bei der Straßenfasnet in Neuhausen sind in den nächsten Tagen die schrägen Töne angesagt. Seit 40 Jahren ist dort zum Auftakt ab fünf Uhr morgens in der Ortsmitte an Schlaf nicht zu denken. Dann erklingt „Da sprach der alte Häuptling der Indianer“. Der Hit, den Gus Backus 1972 bekannt gemacht hat, ist die Hymne der Guggenmusik aus Neuhausen. Im Morgengrauen ist im Quartier für Generationen eine Straßenparty angesagt. Da bringen die Waschlappen Glunker dem Kinderprinzenpaar ein Ständchen. Die Familien von Nele I. und Moritz I. sind mitten in der Nacht aufgestanden und haben Fasnetsküchle gebacken. Dazu gibt es Eierlikör. Dann wird die Mozartschule gestürmt. Da tauscht Nele Grundler ihr Prinzessinnen-Kleid gegen ihr Häs der Wappenlöwen ein.

Im Ostertagshof schunkeln die Senioren

Die Tour durch den Ort stellt Benjamin Götz mit seinem Team zusammen. „Gerade die älteren Narren freuen sich, wenn wir vorbeikommen“, sagt der Vorsitzende des Vereins. Im Seniorenheim Ostertagshof schunkeln die Männer und Frauen im Stehen, als die „Waglus“ ihre Fasnetshits spielen. Da kommen die 30 Männer um eine Zugabe nicht herum. Die Musiker tragen weiße Schlafanzüge, an denen bunte Waschlappen hängen. Caroline Rank begleitet den Tross, der lautstark durch die Straßen zieht. Sie hat sich als Badewanne verkleidet, „weil das doch so gut zu den Waschlappen passt.“ Die Outfits der Musiker sind immer ein Hingucker. Bei den Prunkfestsitzungen punkteten sie mit wilden Rockermähnen.

Dass Trompeten und Schalmeien eigentlich gar nicht so gut harmonieren, verrät Wolfram Koch. Sein Sohn Andreas ist ebenfalls aktives Mitglied. Markus Novak, der 25 Jahre lang Dirigent der Guggenmusiker war, bedauert zwar, dass sein erwachsener Sohn ausgestiegen ist. „Aber um den Nachwuchs ist uns nicht bang.“ Beim Schulsturm im Egelsee-Schulzentrum umringen die Kinder und Jugendlichen die Musiker. Sie wollen ihre Instrumente genau anschauen. Doch Bastian Guth, der musikalische Leiter, muss den straffen Zeitplan einhalten. Mit dem Megafon mahnt er die närrischen Musiker zwar zur Disziplin: „Wir sind aber alle mit Spaß dabei.“ Manfred Mayer, der für seine 40-jährige Mitgliedschaft einen Orden und goldene Helium-Ballons bekam, freut sich, „dass wir die Fasnet mit ihren Traditionen in den Ort hineintragen.“ Das närrische Treiben gehört für ihn in Hochburg dazu.

Mit dem Schulsturm begann der Schmotzige Donnerstag in Wernau. Dort teilen sich die Hästräger auf, um die Schulkinder vom Unterricht zu befreien. Ab 12 Uhr mittags ist dann auf der Bühne vor dem Quadrium und in der Narrenbar „Hölle“ der Teufel los. In der zweiten Hochburg im Landkreis Esslingen sind das die Geesgassdeifl. Die Hästräger stellen zum Auftakt der Fasnet den Narrenbaum. Zuvor dürfen sich die Wernauer Schülerinnen und Schüler beim Tanzwettbewerb messen, den Zunftmeister Markus Mirbauer und seine Ehrenzunftmeisterin Rita Zink wortgewandt und spritzig moderierten. Am Ende gewann die Schlossgartenschule mit einem afrikanischen Tanz, den die Kinder voller Leidenschaft zeigten.

Der Narrensamen tanzt

Dass das Brauchtum in Wernau lebt, zeigte schon der sogenannte Narrensamen. Der närrische Nachwuchs zeigte sein tänzerisches Talent auf der Bühne. „Bei uns in Wernau wird man als Narr geboren“, sagte Ehrenzunftmeisterin Rita Zink. Schon die Kleinsten tragen die Häs der Laichleshexa, der Brotloibla oder der Bodenbachsymphoniker. Für viele Familien ist es eine Selbstverständlichkeit, ihre Kinder früh in die schwäbisch-alemannische Fasnet einzuführen.

Kaum gewählt und schon vertrieben. Mit diesem Schicksal musste sich Wernaus neue Bürgermeisterin Christiane Krieger abfinden, als das närrische Volk sie aus dem Rathaus jagte. Mit Löwenmähne und Raubtieranzug in Pink erlebten die Wernauer ihre neue Verwaltungschefin mal ganz anders. Das sah nach närrischem Vergnügen aus. Am Freitag muss sich die Kommunalpolitikerin mit ihrem Gemeinderat auf dem Stadtplatz dem Narrengericht stellen, bevor die schwäbisch-alemannische Nacht beginnt.

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