Nach einem stellenweisen unfairen und schmutzigen Wahlkampf bemühen sich OB Oliver Ehret und sein Herausforderer Bernd Häuserl die Wogen zu glätten. Die Entscheidung fällt am Sonntag beim zweiten Wahlgang.

Singen - Die Wogen gehen hoch, aber die beiden Widersacher reichen sich die Hand. So geschehen in Singen (Kreis Konstanz), wo an diesem Sonntag der entscheidende Wahlgang um den Posten des Oberbürgermeisters ansteht. In Amtsinhaber Oliver Ehret und Finanzbürgermeister Bernd Häusler haben sich zwei CDU-Kandidaten den wohl härtesten und unerbittlichsten Wahlkampf in der Nachkriegsgeschichte der Stadt geliefert.

 

Nach dem äußerst knappen ersten Wahlgang, in dem der Titelverteidiger Ehret mit 49,92 Prozent gegenüber Häusler (48,5 Prozent) die Mehrheit nur um 13 Stimmen verfehlt hatte, reichte es den sichtlich ausgelaugten Kontrahenten. Aufgeschreckt durch mahnende Worte in der Bürgerschaft, hatten beide genug von den verdeckten Aktionen ihrer jeweiligen Sympathisanten. Sie trafen sich in der Lokalzeitung zu einem Friedensgipfel und rangen sich durch, anerkennende Worte für die Leistung des jeweils anderen zu finden. Freunde aber, soviel ist klar geworden, werden die beiden in diesem Leben nicht mehr.

Geschichte über eine schwere Krankheit erfunden

Der Wahlkampf war zuvor trotz beiderseitigen Beteuerungen bestenfalls am Anfang einigermaßen fair und anständig verlaufen. Schon bald aber wechselte der Schlagabtausch in die Gefilde unterhalb der Gürtellinie. Der Tiefpunkt waren erfundene Geschichten über eine angebliche schwere Krankheit Häuslers. Weiter wird ihm zu viel Nähe zu Alt-OB Andreas Renner (CDU) unterstellt, der 2005 von Ehret abgelöst worden war, als Renner zum baden-württembergischen Sozialminister berufen wurde. Auch wird Häusler die Unterstützung durch die Gemeinderätin und frühere CDU-Landtagsabgeordnete Veronika Netzhammer und deren einflussreiche Familie zum Vorwurf gemacht. Da nützt es wenig, dass Häusler nicht ganz zu Unrecht auf ein viel größeres Unterstützerfeld verweist. Mittlerweile hat sich etwa zwei Drittel des Gemeinderats zu dem Ersten Beigeordneten als Wunsch-Rathauschef bekannt.

Über Ehret kursierten Handybilder, die den 48-jährigen Familienvater zeigen, wie zu später Stunde in einer Bar eine junge Frau sein Seidenhemd zerriss. Ehret postete das desavouierende Bild umgehend auf seiner Facebook-Seite mit dem Vermerk: „Ihr seht daran, dass ich mich vor Fans kaum retten kann. Das ist Wahlkampf hautnah!“ Der Vorgang schadete dem Platzhirsch aber ebenso wenig wie eine weitere Nachtaktion, bei der er in einer Singener Discothek Kondome verteilt hatte.

Gerüchte überlagerten die wichtigen Themen

Die Themen traten in dieser Schlammschlacht naturgemäß eher in den Hintergrund, etwa die unbewältigte Innenstadtgestaltung. So erfuhren die überraschten Bürger im Wahlkampf, dass sich ein ECE-Center beim Bahnhof ansiedeln möchte. Auch die brisante Lage der mit knapp 70 Millionen Euro verschuldeten städtischen Wohnungsbaugesellschaft GVV böte Stoff genug. Die GmbH kann der Kommune gefährlich werden, da sie derzeit mit einem Kassenkredit von fünf Millionen Euro aus der Stadtkasse stabil gehalten wird. Die umstrittene Fusion des städtischen Krankenhauses mit den Konstanzer Kliniken haben viele Singener auch noch nicht verkraftet.

Genutzt hat die Überlagerung der Probleme durch persönliche Angriffe daher vor allem Ehret. Ihm werden die besseren Chancen eingeräumt. Nicht nur, weil er vor zwei Wochen schon kurz vor dem Sieg stand. Der frühere Schultes von Mühlheim (Kreis Tuttlingen) ist im Wahlkampf erprobter und hält die Zumutungen sichtlich besser aus als der zwei Jahre jüngere Herausforderer, der im politischen Betrieb weitgehend unerfahren ist.

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