Er ist rund 10 000 Hektar groß und gespalten: Baden-Württembergs einziger Nationalpark. Die grün-schwarze Regierung hat Pläne zur Erweiterung in den Koalitionsvertrag geschrieben. Doch während eine Seite auf Zusammenschluss pocht, will die andere eine Minimallösung.

In der Landesregierung droht ein Streit um die im Koalitionsvertrag vereinbarte Erweiterung des Nationalparks Schwarzwald. Hierzu haben die Grünen und Forstminister Peter Hauk (CDU) unterschiedliche Ansichten, wie sich am Wochenende zeigte.

 

Das von Hauk geführte Ministerium für Ländlichen Raum erklärte, derzeit fänden auf verschiedenen Ebenen Gespräche dazu statt, auch innerhalb der Regierung. Der Minister setze sich dabei unter anderem für Interessen der Waldbesitzer, des Staatswaldes, der Jägerschaft und der Sägewerke ein. Laut einem Bericht der „Badischen Zeitung“ (Samstag/online) hatte er bei einer Veranstaltung im Nordschwarzwald gesagt: „Ich will netto eigentlich gar nicht mehr. Das, was netto in der Lücke dazu kommt, muss irgendwo an den Rändern wieder weg.“

Der bisher einzige Nationalpark in Baden-Württemberg

Den bisher einzigen Nationalpark in Baden-Württemberg gibt es seit 2014. Er besteht aus rund 10 000 Hektar Schutzgebiet in zwei Teilen, die langfristig zusammengeführt werden sollen. Dafür müssen den Wald- und Grundbesitzern die dazwischen liegenden Gebiete abgekauft werden. Im Koalitionsvertrag steht der Satz: „Wir erweitern und entwickeln den Nationalpark Schwarzwald auf Basis fachlicher Kriterien in einem transparenten Beteiligungsprozess weiter.“

Ein Sprecher des Umweltministeriums unter Leitung von Thekla Walker (Grüne) teilte am Sonntag mit, das Haus arbeite unvermindert an der Umsetzung des Koalitionsvertrages und bereite derzeit konkrete Verhandlungen mit der Murgschifferschaft vor, einer seit dem späten Mittelalter bestehenden Holzhandelsgesellschaft im Nordschwarzwald.

Weiter hieß es: „Ein kompaktes Zusammenwachsen der beiden bisherigen Nationalpark-Teile ist der Wunsch der Region.“ Der Nationalparkrat habe sich in einer Sitzung im Mai eindeutig für eine inhaltliche und räumliche Erweiterung des Parks ausgesprochen. Zugleich habe es eine Bürgerbeteiligung zur inhaltlichen Erweiterung gegeben. Im Juli bekam Walker viele Empfehlungen aus einem Bürgerforum zur Weiterentwicklung des Nationalparks sowie von Nationalparkrat und -beirat überreicht.

Wälder bewirtschaften und das Holz nutzen

Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz erklärte, beide Parteien hätten sich im Koalitionsvertrag geeinigt, den Park weiterzuentwickeln, zu stärken und zu erweitern. „Ich baue darauf, dass wir dieses wichtige Projekt mit starkem Willen und großer Tatkraft nun umsetzen.“

Hauk sagte der Zeitung zufolge, er sei vertragstreu - aber: „Für mich heißt erweitern, wir beginnen mal mit einem Hektar netto mehr.“ Sein Ministerium erklärte, eine Gesamtfläche einer Erweiterung sowie deren Ausgestaltung seien ebenso wenig bekannt wie mögliche Tauschflächen.

All das müsse auch im Zusammenhang mit der Bekämpfung des an Dramatik zunehmenden Klimawandels bewertet werden, teilte ein Sprecher mit. Flächen für den Nationalpark würden nicht mehr forstwirtschaftlich genutzt. „Dies ist vor dem Hintergrund der Klimaerwärmung und der CO2-Speicherung in Holzprodukten kritisch zu hinterfragen“, erklärte der Sprecher. „CO2 muss nämlich nicht nur während des Lebens der Bäume, sondern auch nach deren „Tod“ möglichst lange gespeichert werden.“ Dafür müsse man Wälder bewirtschaften und das Holz nutzen.

Tiere und Pflanzen weltweit bedroht

Aufgrund der haushaltsrechtlichen Vorgaben des Landes müsse darüber hinaus der Wert der Tauschobjekte ermittelt werden. Erst dann könnten Gespräche mit Eigentümern über einen Flächentausch geführt werden.

Dem Zeitungsbericht zufolge hatte Hauk gesagt, die Lage habe sich unter anderem deshalb grundlegend verändert, weil die wirtschaftliche Situation nun eine ganz andere sei. Unter den Finanzierungsvorbehalt des Koalitionsvertrags falle auch der Passus zum Nationalpark.

Grünen-Fraktionschef Schwarz argumentierte, die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten sei weltweit bedroht. „Die Uhr tickt, auch in unserem ökologisch intakten Baden-Württemberg.“ Seltene oder gefährdete Tier- und Pflanzenarten brauchten spezielle Lebensräume. „Unser Nationalpark ist mehr als Wald, er ist unser Bollwerk gegen den Artenschwund“, so Schwarz. Dort könne die Natur ihren eigenen Weg gehen und der Wald sich natürlich entwickeln. „Wir Grüne arbeiten daran, diese wertvolle Schutzfunktion zu vergrößern, indem wir dieses Refugium des Artenschutzes um weitere Waldfläche ergänzen wollen.“