Der 54-jährige Stefan Gubser weiß: Einen Schweizer „Tatort“ zu drehen, ist eine echte Herausforderung. Schwyzerdütsch ist in seinem zweiten Fall jedenfalls tabu – außer beim Fluchen.

Stuttgart - Allen gegenseitigen Vorurteilen zum Trotz: Deutsche und Schweizer sind sich ähnlicher, als man das dies- oder jenseits der Grenze wahrhaben möchte. Spätestens bei persönlichen Begegnungen lösen sich die Klischees regelmäßig in Wohlgefallen auf. Stefan Gubsers gepflegtes Hochdeutsch lässt seine Wurzeln ohnehin kaum erahnen, zumal der in Winterthur geborene Schauspieler einen großen Teil seines Lebens außerhalb der Schweiz verbracht hat: Aufgewachsen ist er im österreichischen Bregenz am Bodensee, seine Ausbildung hat er in Wien absolviert, erste Theaterengagements hatte er in München und Wiesbaden.

 

Gubser ist einer der beliebtesten schweizerischen Schauspieler. Er hat auch in diversen deutschen Produktionen mitgewirkt, ist hierzulande aber längst nicht so bekannt wie in seiner Heimat, woran er selbst nicht ganz unschuldig ist: „Als Inhaber einer eigenen Produktionsfirma kann und will ich nicht das ganze Jahr im Ausland unterwegs sein. Außerdem habe ich Familie. Das war mit ein Grund, ein eigenes Unternehmen zu gründen: damit ich nicht ständig auf Reisen bin.“ Spätestens seit dem vergangenen Jahr aber dürfte der attraktive Schauspieler gerade unter den deutschen Zuschauerinnen viele Fans haben. Vermutlich sogar schon länger: 2008 war er erstmals an der Seite von Eva Mattes als Schweizer Kollege Reto Flückiger im Bodensee-„Tatort“ zu sehen.

Seit 2010 ist Flückiger Leiter der Luzerner Fachgruppe „Delikte gegen Leib und Leben“, und Gubser feierte seine Premiere als Hauptdarsteller im Sonntagskrimi: Zum ersten Mal seit zehn Jahren gab es wieder einen eigenen „Tatort“ aus der Schweiz. Allerdings musste dessen TV-Premiere um vier Monate verschoben werden: Die Kulturchefin des Schweizer Fernsehens vermisste Witz, Spannung und Lokalkolorit. Gubser muss das doppelt getroffen haben, denn er war auch der Produzent des Films. Er bittet jedoch darum, die Sache nicht weiter zu vertiefen: „Ein heikles Thema, über das ich, ehrlich gesagt, nicht sprechen möchte. Wir haben das damals natürlich anders gesehen, mussten die Entscheidung jedoch akzeptieren.“

Nur beim Fluchen ist Schwyzerdütsch erlaubt

Aber auch die überarbeitete Version war nicht rundum geglückt. Nach der Ausstrahlung hagelte es bei der ARD Reklamationen: Das Publikum des Ersten, daran gewöhnt, dass auch in Auslandsproduktionen alle Beteiligten perfekt Deutsch sprechen, kam mit dem Schweizer Hochdeutsch nicht zurecht. Dabei gebe es das eigentlich gar nicht, erläutert Gubser: „In der Schweiz spricht das im Alltag niemand. Viele Deutsche beherrschen ja gar keinen Dialekt mehr. Bei uns herrscht diesbezüglich eine ganz andere Kultur, es wird ausschließlich Dialekt gesprochen.“ Der zweite Schweizer „Tatort“, den die ARD am Pfingstmontag zeigt, klingt nun, als sei er synchronisiert worden, aber die Wirklichkeit war noch komplizierter: Viele Szenen seien zweimal gedreht worden, „auch wenn das die Produktion natürlich verteuert hat.“ Mehr Schwyzerdütsch würde zwar mehr Lokalkolorit bedeuten, aber der Dialekt bleibt nun auf kurze Aussagen beschränkt, die vor allem vom Tonfall leben. Wenn Flückiger flucht, tut er das auf Schwyzerdütsch, „da muss man nicht jedes Wort verstehen“.

Gubser ist im zweiten Film nur noch Hauptdarsteller; es habe sich gezeigt, „dass es sich nicht empfiehlt, wenn der Hauptdarsteller auch der Co-Produzent ist, da macht man sich allzu angreifbar.“ Trotzdem ist der 54-Jährige nach wie vor überaus dankbar für die Rolle.: „Ich bin seit frühester Jugend ‚,Tatort‘-Fan. Als Kind habe ich die Krimis immer heimlich geguckt. Schon durch die Mitwirkung in den Bodenseefilmen ist ein Bubentraum in Erfüllung gegangen.“