Die Behörden im Südwesten sollten mit gutem Beispiel vorangehen und schwerbehinderte Menschen beschäftigen, findet die Sozialministerin Katrin Altpeter. Die Verwaltung im Südwesten erfüllt diesbezüglich zwar ihre Pflicht – aber mehr auch nicht.

Stuttgart - Die öffentliche Hand als Arbeitgeber hat Vorbildfunktion gegenüber den Privaten. Aus diesem Grund sollten die Behörden im Südwesten mit gutem Beispiel vorangehen, sagt die Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD), „und mehr schwerbehinderte Menschen beschäftigen“. Auf den ersten Blick gesehen könnte sich die Ministerin zurücklehnen. Die Landesverwaltung erfüllt die Arbeitgebern auferlegte Pflicht. Fünf Prozent der bereit gestellten Arbeitsplätze müssen mit Schwerbehinderten besetzt sein. Das wären im Landesdienst im Jahr 2011 exakt 12 087 Stellen gewesen. Tatsächlich waren aber 12 506 schwerbehinderte Menschen im öffentlichen Dienst des Landes beschäftigt.

 

Das entspricht einer Quote von 5,17 Prozent. Ein Jahr zuvor lag sie immerhin schon mal bei 5,21 Prozent. Mit einer Quote von 12,17 Prozent war das Haus von Ministerin Altpeter am vorbildlichsten. Dort haben 105 Beschäftigte einen Schwerbehindertenausweis. Auch das Finanzministerium mit 8,74 Prozent oder 1749 Betroffenen übertrifft die Quote weit. Neun von zwölf Ministerien kommen über die Schwelle. Das Wissenschaftsministerium schafft nur 3,52 Prozent. Von den dort angesiedelten 54 900 Arbeitsplätzen müssten rund 2750 mit Schwerbehinderten besetzt sein, tatsächlich sind es nur 1940. Auch das Verkehrsministerium (3,64) und das Kultusressort (4,94) unterboten die Pflichtquote.

Da die Landesverwaltung als öffentlicher Arbeitgeber als Ganzes gerechnet wird, muss das Land aber keine Ausgleichsabgabe zahlen. Für jeden nicht besetzten Pflichtarbeitsplatz wird die fällig. Ihre Höhe hängt ab von der Beschäftigungsquote im Jahresdurchschnitt. Wer gar keine oder weniger als zwei Prozent seiner Jobs an Schwerbehinderte vergibt, zahlt monatlich pro unbesetztem Platz 290 Euro. Zwischen zwei und weniger als drei Prozent sind es 220 Euro, zwischen drei und weniger als fünf Prozent dann 115 Euro. Für Kleinbetriebe bis 59 Arbeitsplätzen gelten besondere Regelungen. Erteilt der Arbeitgeber Aufträge an anerkannte Werkstätten für Menschen mit Behinderung kann das von der Ausgleichsabgabe abgezogen werden.

Das traf bis vor kurzem auch noch die Landesverwaltung. Erst seit 2007 nimmt sie die Fünf-Prozent-Hürde. Für 2001 zahlte Baden-Württemberg noch fast vier Millionen Euro Ausgleichsabgabe, es erreichte damals nur 4,23 Prozent.

Es hat sich also durchaus etwas getan. Doch Katrin Altpeter kann sich mehr vorstellen. „Es kann uns nicht ausreichen, lediglich eine Pflichtquote zu erfüllen“, sagt sie und fordert ihre Kollegen auf, auch in den kommenden Jahren verstärkt schwerbehinderte Menschen in den Landesdienst zu holen. Sie verfügten genauso über fachliche Kompetenzen und oft eine langjährige Berufserfahrung wie Nichtbehinderte. Schaut man über das Land hinaus, erscheint dieser Weckruf angebracht. Daten der Bundesagentur für Arbeit zufolge, die allerdings erst für 2010 erhältlich sind, rangiert der Südwesten nämlich im Ländervergleich nur auf Platz 12 bei den öffentlichen Arbeitgebern.

In dieser Liste sind auch andere als Landesbehörden verzeichnet, Kommunen etwa. So kommt das Land auf 5,8 Prozent. Der Bundesdurchschnitt liegt aber bei 6,4 Prozent. Am behindertenfreundlichsten ist Berlin mit einer Quote von 7,7 Prozent. Nur Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen haben noch weniger zu bieten als der Südwesten. Bei den privaten Arbeitgebern rangierte Baden-Württemberg nach Nordrhein-Westfalen und Hessen hingegen auf Platz drei, allerdings mit einer Quote von nur 4,1 Prozent. Wenigstens liegt sie über dem Bundesschnitt von 4,0 Prozent.

Von knapp 18 000 fraglichen privaten Arbeitgebern beschäftigten 13 000 schwerbehinderte Menschen. Die abgabepflichtigen Betriebe zahlten 2010 rund 60 Millionen Euro an das Integrationsamt beim Kommunalverband für Jugend und Soziales. Der Verband bezuschusst mit diesen Mitteln Investitionen in Einrichtungen für Behinderte. Das Kräftepotenzial wäre durchaus vorhanden. Im Land sind etwa 16 000 Schwerbehinderte arbeitslos gemeldet.