Sozialminister Manfred Lucha will seinen Kollegen in der Landesregierung Druck machen. Einige Ministerien beschäftigen zu wenige Mitarbeiter mit Handicaps.

Stuttgart - Nur 37 schwerbehinderte Mitarbeiter weniger – und Baden-Württemberg müsste Strafe bezahlen, weil die Landesverwaltung die Quote von fünf Prozent nicht erfüllt. 2015 waren dort 11 728 der 233 814 Arbeitsplätze mit Personen mit einer schweren Behinderung besetzt. Das entspricht einem Anteil von 5,02 Prozent. Ein Jahr zuvor waren es noch 5,17 Prozent. Das geht aus einer internen Papier hervor, das dieser Zeitung vorliegt.

 

Sozialminister Manfred Lucha (Grüne), ein Verfechter der Inklusion, will den neuerlichen Rückgang der Quote stoppen. Die Landesregierung habe gegenüber anderen Arbeitgebern schließlich eine Vorbildfunktion, sagte eine Sprecherin des Ministeriums auf Nachfrage. Mit seinen Kollegen im Kabinett werde er an diesem Dienstag beraten, wie das Land den Anteil der Schwerbehinderten in der Landesverwaltung erhöhen könne.

Wissenschafts- und Kultusministerium unter dem Durchschnitt

Zwischen den einzelnen Ministerien gibt es große Unterschiede. So beschäftigte das Sozialministerium 2015 zehn Prozent Schwerbehinderte, und auch das Integrationsministerium, das seit dem Regierungswechsel zum Teil dort eingegliedert wurde, zählte zu den vorbildlichen Ressorts – mit einer Quote von 8,89 Prozent lag es auf Platz zwei, vor dem Finanz- und Wirtschaftsministerium, das damals auf 8,61 Prozent kam.

Unterdurchschnittlich schnitten wie schon seit Jahren das Wissenschaftsministerium mit 3,84 Prozent und das Kultusministerium mit 4,52 Prozent ab. Auch der Landesrechnungshof verpasste demnach mit 4,47 Prozent die Quote.

Dass diese Einrichtungen nicht zur Kasse gebeten werden, liegt nur daran, dass die Gesamtzahl der Beschäftigten in der Verwaltung zählt. Andernfalls ginge es ihnen wie vielen Unternehmen, die eine Ausgleichsabgabe zahlen müssen, weil sie zu wenige Schwerbehinderte beschäftigen. Wie hoch diese ist, hängt von der Größe des Unternehmens und der Quote ab.

Land musste bis 2006 Ausgleich zahlen

Auch die Landesverwaltung gehörte jahrelang zu den Zahlern in den Ausgleichstopf. Im Jahr 2001 waren fast vier Millionen Euro fällig, weil damals nur 4,23 Prozent Mitarbeiter mit einer Schwerbehinderung beim Land beschäftigt waren. Erst 2007 schaffte die Landesverwaltung die Pflichtquote von fünf Prozent.

Dass Schwerbehinderte über fachliche und soziale Kompetenzen sowie berufliche Erfahrung verfügen wie Kollegen ohne Einschränkungen, belege die neue Landes-Behindertenbeauftragte Stephanie Aeffner, sagte Sozialminister Lucha, als er sie im Sommer vorstellte. Die 40-jährige Sozialpädagogin ist wegen einer Erkrankung seit langem auf den Rollstuhl angewiesen.

Die Landesquote wird sich durch die Berufung von Aeffner allerdings nicht verbessern. Denn sie ist nicht beim Land angestellt – was Behindertenverbände teilweise kritisierten. Für ihre anspruchsvolle ehrenamtliche Tätigkeit erhält sie lediglich eine Aufwandsentschädigung.