Die Welzheimer Segelflieger-Gruppe ist immer auf der Suche nach Nachwuchspiloten. Um ihr Hobby anderen schmackhaft zu machen, veranstalten sie Flüge, bei denen Passagiere mitgenommen werden.

Welzheim - Das Seil spannt sich, dann geht alles rasend schnell: Das Segelflugzeug beschleunigt von null auf hundert Stundenkilometer in nur drei Sekunden. Der ganze Körper wird in den Sitz hineingepresst – und entspannt sich erst wieder, als eine Höhe von etwa 850 Metern erreicht ist. Dort oben ist der Start schnell vergessen. Kein Motorengeräusch stört das Fluggefühl, die Rundum-Sicht ist atemberaubend. In der Ferne grüßen die Kaiserberge, Schorndorf ist gut zu sehen, „und ganz da hinten ist der Stuttgarter Flughafen“, erklärt der Pilot Christian Sorg, der Vorsitzende der Fliegergruppe Welzheim.

 

Kreiseln wie die Bussarde

Dann konzentriert er sich wieder darauf, was in der direkten Umgebung der Duo Discus so passiert. Zwei Bussarde ziehen ganz in der Nähe ihre Kreise – dort scheint es also einen passablen Aufwind zu geben. „Den versuchen wir jetzt mal zu treffen“, sagt Sorg. Das Segelflugzeug wackelt, der Bordcomputer piepst los. Kein Grund zur Panik, „der ist ganz begeistert“, sagt Sorg. Schön, dass sich die Maschine über die Thermik freut, die Passagierin weniger. Denn jetzt beginnt das Kreiseln, um Höhe zu gewinnen. „Die Vögel machen das besser, aber die sind auch wendiger“, sagt Christian Sorg und fliegt die nächste Kurve. In der rechten Seite steckt die Spucktüte. Ein anderer Teilnehmer des Schnuppertages musste schon zugreifen, meine soll so bleiben, wie sie ist. Deswegen begibt sich die Duo Discus auf den Rückweg. „Wenn man selber am Steuer sitzt, dann kann man nicht darüber nachdenken, ob einem schlecht wird“, sagt Christian Sorg.

Eine letzte Kurve über dem Welzheimer Friedhof, dann geht es runter. Für den Landeanflug ist der Ort wie gemacht: „Die Türme stehen so perfekt, dass wir uns an ihnen orientieren können.“ Die Landung fühlt sich ähnlich an wie der Start, dann hoppelt der Segelflieger über das frisch gemähte Flugfeld. Die Knie sind beim Aussteigen ehrlich gesagt etwas weich, und dabei war das Flugzeug gerade einmal zehn bis 15 Minuten in der Luft. „Meine längste Strecke waren 819 Kilometer“, erzählt Björn Schuler von der Fliegergruppe. Bis zum Bayerischen Wald und dann in einer Kurve über Suhl in Thüringen zurück in die Heimat. Wie viel Kreiseln da wohl nötig war? Obwohl – besser so, als es ist plötzlich keine Thermik mehr da. „Dann muss man sich einen schönen Acker suchen“, sagt Schuler und lacht.

Der 15-jährige Janis Widmer, einer der etwa 20 Teilnehmer des Schnuppertages, hört gebannt zu und beugt sich über die ausgebreitete Flugkarte. Seit er von seiner Oma ein Buch über eine Segelfliegerin bekommen hat, lässt ihn das Thema nicht mehr los. „Deswegen will ich es unbedingt ausprobieren“, sagt der Jugendliche. Das richtige Alter hätte er, um einen Flugschein zu machen, „aber meine Mutter hat noch Bedenken“, sagt er.

Fliegergruppe sucht Nachwuchspiloten

Die Fliegergruppe würde sich über Nachwuchs freuen. „Wir veranstalten den Schnuppertag auch, um Vorurteile abzubauen“, sagt Christian Sorg. Viele hielten den Sport für elitär. „Natürlich sind neue Segler teuer. Aber wenn man Mitglied im Verein ist, ist das Fliegen relativ günstig“,, sagt der Vorsitzende. Dafür ist Einsatz gefragt – beim Mähen des Flugplatzes Heide oder beim Warten der Maschinen. Gerade für Schüler oder Studenten sei die Fliegergruppe sehr attraktiv. „Die zahlen den Jugendtarif von 250 Euro, können dafür fliegen, soviel sie wollen – und haben meistens auch die Zeit dazu.“ Wer oft in der Luft ist, schafft den Flugschein in etwa zwei Jahren.

Ob Richard Andrysiak dies tun wird, weiß er noch nicht. „Obwohl, ich spiele Rugby und schwimme, warum nicht auch Segelfliegen?“, sagt der Welzheimer. Er will sich mit dem Flug etwas von der Freiheit zurückholen, die er sonst als Rollstuhlfahrer nicht mehr hat. Respekt hat er vor der Enge im Flugzeug und der Höhe. Nach der Landung strahlt Richard Andrysiak über das ganze Gesicht: „Das war geil.“