China betreibt mit der neuen Seidenstraße mehr als ein Wirtschaftsprojekt, es krempelt die Weltordnung um. Der Westen schaut dabei zu, dabei wäre Einigkeit so wichtig, kommentiert Christian Gottschalk.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Peking - Das chinesische Infrastrukturprojekt der neuen Seidenstraße hat in seinem vergleichsweise jungen Leben von gerade einmal fünf Jahren ein beachtliches Wachstum hingelegt. Immer mehr Länder machen mit, immer gewaltigere Summen werden aus Peking hineingepumpt. Aber: Immer lauter wird auch die Kritik. Nicht wenige Entwicklungsländer beklagen die Schuldenfalle, in die sie geraten sind, und Europa steht inzwischen ziemlich gespalten da. Portugal, Italien und viele osteuropäische EU-Mitglieder sind mit Eifer dabei, aus Berlin, Paris und anderen Metropolen kommen hingegen eher Signale der Zurückhaltung.

 

Das Wohl der Welt steht nicht im Vordergrund

Eines ist dabei völlig klar: Die neue Seidenstraße ist kein Wohltätigkeitsprojekt. Wenn andere Länder, die sich daran beteiligen, einen Vorteil von der Zusammenarbeit haben, dann ist das natürlich hochwillkommen. In erster Linie steht aber nicht das Wohlergehen der Welt im Vordergrund. Gespielt wird dabei nach den Regeln Pekings – und das ist das wirklich revolutionär Neue. Bisher haben die Weltbank oder der Internationale Währungsfonds den Ton angegeben, wenn es um Milliardenkredite ging. Diese Zeiten sind vorbei. Und sie waren, ganz nebenbei bemerkt, auch nicht gerade frei von Konflikten. Wenn sich Staaten von diesen Institutionen bevormundet fühlten, dann hat das allerdings sehr viel kleinere Wellen geschlagen, als wenn das immer mächtiger werdende China auf der Seite der Geldgeber steht.

Wenig spricht für die Einheit des Westens

Denn China ist dabei, die gesamte Weltordnung umzukrempeln, deren Geschicke in den letzten Jahrzehnten zumeist Europa oder die USA bestimmt haben. Deren Position der Stärke wird immer schwächer. Und sie wird weiter abnehmen, umso schneller, je weniger der Westen als Einheit in Erscheinung tritt. Leider spricht im Augenblick wenig dafür, dass diese Einheit entstehen könnte. Wichtig und richtig wäre es, an der Seite Chinas den Ausbau der Handelsbeziehungen voranzutreiben und dabei achtzugeben, dass Transparenz und Nachhaltigkeit nicht zu kurz kommen. Im Augenblick gibt es zahlreiche Beispiele dafür, wo gerade dies nicht geschieht. Anzeichen für Besserung: keine.