Da es auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu wenig Personal gibt, wird im Ausland gesucht.

Böblingen: Leonie Schüler (lem)

Weilimdorf/Stammheim - Der demografische Wandel bringt mit sich, dass immer mehr Menschen alt und auch pflegebedürftig werden. Ausreichend Personal zu finden, stellt Pflegeeinrichtungen vor eine große Herausforderung. „Es gibt nicht genügend Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt“, sagt Gerd Schweizerhof, Personalleiter der Evangelischen Altenheimat. Seit drei oder vier Jahren sei der Mangel besonders gravierend. Seither versuche das Unternehmen, das im Großraum Stuttgart 14 Seniorenzentren betreibt, mehr Personal selbst auszubilden. Mit Erfolg: Während vor vier Jahren noch 50 Auszubildende beschäftigt waren, sind es aktuell etwa 100. „Trotzdem können wir unseren Bedarf nicht allein über die Ausbildung decken“, betont Schweizerhof. Derzeit könnten sieben oder acht Stellen nicht besetzt werden.

 

Aus diesem Grund führt die Evangelische Altenheimat das Projekt „Triple Win“ durch, um mit Unterstützung der Bundesagentur für Arbeit und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen. Da es gute Kontakte zur örtlichen Arbeitsvermittlung gibt und die Distanz von Deutschland zur Heimat nicht allzu groß ist, fiel die Wahl auf Serbien. Auf dem dortigen Arbeitsmarkt stieß die Ausschreibung auf großes Interesse: Etwa 1000 Bewerbungen gingen ein. Mit 16 Personen führten Schweizerhof und seine Kollegen Interviews. Neun Bewerber wurden eingeladen, eine Woche unter anderem in der Altenwohnanlage am Lindenbachsee in Weilimdorf sowie am Luise-Schleppe-Haus in Stammheim zu hospitieren. „Beide Seiten, also sowohl die serbischen Pflegefachkräfte als auch wir, sollen herausfinden, ob es passt“, sagt der Personalleiter. Ist dies der Fall, können die ausländischen Pfleger zu Beginn des nächsten Jahres nach Deutschland kommen. Einem sechsmonatigen Qualifizierungsprogramm folgt daraufhin die Anerkennung des serbischen Abschlusses durch das Regierungspräsidium.

Gute Sprachkenntnisse werden vorausgesetzt

Bei der Auswahl der geeigneten Kandidaten haben Schweizerhof und seine Kollegen hohen Wert auf deren Sprachkenntnisse gelegt. Bedingung war, dass die Vorstellungsgespräche auf Deutsch geführt werden können. „Wir waren erstaunt, wie gut das geklappt hat“, sagt er. Ferner sei die fachliche Eignung geprüft worden, schließlich gibt es in Serbien keine spezielle Altenpflege-, sondern eine Krankenpflegeausbildung. Das Heranführen an die Pflege von älteren Menschen ist daher ein Schwerpunkt der Qualifizierungsmaßnahme.

Sabina Habibovic-Kalic gehört zu der Gruppe, die eine Woche an der Altenwohnanlage am Lindenbachsee hospitiert hat. Ihr gefällt die Arbeit: „Pflege ist hier so wichtig. Man beschäftigt sich mit den Bewohnern und nimmt sich Zeit“, sagt die 27-Jährige. Auch die Atmosphäre unter den Kollegen habe ihr gut gefallen. „In Serbien gibt es viele arbeitslose Krankenpfleger. Wir sind jung und sehr motiviert, um zu arbeiten“, sagt Sandra Bosnjak, die sich ebenfalls für das Programm beworben hat. Sie fürchtet sich nicht davor, mehr als 1000 Kilometer von der Heimat entfernt zu sein. „Eine andere Kultur kennen zu lernen ist eine Bereicherung.“ Gerd Schweizerhof und seine Kollegen setzen sich dafür ein, das Eingewöhnen so reibungslos wie möglich zu gestalten. „Wir investieren sehr viel Geld und sind sehr interessiert daran, dass die Pflegefachkräfte aus Serien einen längeren Zeitraum hier tätig sind.“ Er sei sich jedoch bewusst, dass die serbischen Pfleger eventuell nur temporär hier bleiben.