Die Stuttgarter Zeitung blickt in die Adelshäuser der Welt. Heute: Japan. Statt einer Krone trägt der Kaiser einen Seidenhut.

Tokio - Die Krone Japans Krone ist ein Seidenhut - ein Teil des prächtigen shintoistischen Priestergewands, das der Kaiser Akihito, 77, zu rituellen Anlässen trägt. Doch damit tritt er nur selten auf. In der Regel trägt er dunkle Zweireiher, zu formelleren Anlässen einen schwarzen Frack. Gelegentlich lässt sich der Tenno auch im weißen Laborkittel ablichten - Kaiser Akihito erforscht in seiner Freizeit die Barsch-Subspezies Cristatogobius.

Das Wappen
Eine stilisierte Chrysantheme mit 16 Blütenblättern ist das Siegel der kaiserlichen Familie und fungiert gleichzeitig als Staatswappen. In japanischen Städten ist es allgegenwärtig: Shinto-Schreine ziert es ebenso wie japanische Pässe. Laut Paragraf 154 des japanischen Strafgesetzbuches wird Urkundenfälschung unter Verwendung des kaiserlichen Siegels mit Zuchthaus nicht unter drei Jahren bestraft.

Der Stammbaum
Das japanische Kaiserhaus ist die älteste Herrscherdynastie der Welt. Ihr Stammbaum hat mythische Wurzeln. Im Jahr 660 vor Christus soll die Sonnengöttin Amaterasu ihren Sohn Jimmu auf die Erde geschickt haben, um dort das "Reich der aufgehenden Sonne" zu gründen. Der heutige Kaiser Akihito gilt als 124. Nachfolger des Sonnensohnes. Viele der wichtigsten japanischen Familien sind über die ein oder andere Ecke mit dem Kaiser verwandt.

Die Politik
Der Kaiser von Japan war nie allmächtig, sondern stand stets im Schatten der eigentlichen Herrscher, der Schogune. Lange war die Existenz eines Kaisers fast in Vergessenheit geraten - bis 1867 der 15-jährige Kaiser Meiji zum Markenzeichen der Modernisierung erkoren wurde. Nach Japans Gräueltaten im Zweiten Weltkrieg musste der damalige Kaiser Hirohito auf Druck der USA seiner göttlichen Blutsbanden abschwören und gilt seitdem nur noch als "nationales Wahrzeichen". Verwaltet wird das Leben der kaiserlichen Familie von der Imperialen Haushaltsagentur, die dem Premierminister untersteht.

Das Schloss
Japans Kaiser lebt bescheiden. Der Palast im Herzen Tokios ist minimalistisch eingerichtet, der Thron nur ein schlichter schwarzer Stuhl. Über die Jahrhunderte haben die Kaiser viele Paläste gehabt, von denen viele heute touristische Attraktionen sind. Dazu gehören vor allem die imperialen Villen in der alten Kaiserstadt Kyoto, deren Zen-Gärten als die höchste Vollendung der japanischer Landschaftsarchitektur gelten.

Die Liebe
Jahrhunderte lang durften Mitglieder der japanischen Kaiserfamilie nur in den Kreisen der höchsten Aristokratie heiraten und hatten auf ihre Partnerwahl in der Regel keinen Einfluss. Erst der gegenwärtige Kaiser Akihito brach aus dem strengen Korsett aus: 1953 lernte er im Kurort Karuizawa in einem Tennisclub beim gemischten Doppel die Industriellentochter Michiko Shoda kennen und verliebte sich Hals über Kopf. Jahrelang kämpfte er um sie und gegen die Hofbehörden, bis er sie 1959 schließlich heiraten durfte. Kaiserin Michiko, 75, ist bei den Japanern bis heute überaus beliebt.