Familie/Bildung/Soziales: Lisa Welzhofer (wel)
Wie eng ist das Verhältnis zu den Gästen?
Svenja H. Eine meiner besten Freundinnen habe ich als Gast auf der Aida kennengelernt. Beim Personaltraining erzählen dir die Kunden schon viel und wollen auch von dir wissen, warum du hier arbeitest und was du vorher gemacht hast. Aber ansonsten ist das auf dem Schiff anders als zum Beispiel in einem Ferienclub, wo die Animateure möglichst viel Zeit mit den Gästen verbringen sollen. Wir waren keine Animateure, sondern haben auf dem Schiff unseren normalen Beruf ausgeübt. Ich bin in meiner Freizeit auch fast immer von Bord gegangen, weil ich die nicht auch noch mit den Gästen verbringen wollte.
Jelto K. Ich habe auch lieber in unserer Crewkantine gegessen als im Bordrestaurant, obwohl das Essen dort besser war.
Svenja H. Es war auch nicht so gern gesehen, dass wir als Paar im Gästebereich auftreten.
Jelto K. Aber das ist verständlich. Das wäre wahrscheinlich bei jedem anderen Arbeitgeber auch so.
Hatten Sie an Bord überhaupt Zeit als Paar?
Svenja H. Wir hatten nur in unserer Kabine Privatsphäre. Aber auch da kam dauernd jemand vorbei, die Tür war nie abgesperrt.
Jelto K. Dafür musst du gemacht sein. Manche haben nach ein paar Wochen gemerkt, dass das kein Leben für sie ist. Aber wir waren jung und wollten Spaß haben. Die Kollegen sind in dieser Zeit gleichzeitig deine Freunde. Allerdings halten die wenigsten Kontakte über die sechs Monate hinaus, die man normalerweise auf einer Tour zusammen unterwegs ist.
Wie ging es nach Ihrer ersten Tour weiter?
Jelto K. Nach ein paar Monaten an Land sind wir wieder gemeinsam aufs Schiff, diesmal auf die Dubai-Route.
Svenja H. Wir haben zur Bedingung gemacht, dass wir zur selben Zeit auf dem selben Schiff fahren können.
Jelto K. Nach dem Dubai-Vertrag sind wir 2011 gemeinsam nach Gerlingen gezogen. Eigentlich wollten wir damals schon sesshaft werden, aber nach ein paar Monaten hat es uns gepackt.
Svenja H. Alles kam uns hier so langweilig vor, so highlightfrei. Also haben wir Jobs und Wohnung gekündigt, die Möbel eingelagert und sind Ende 2011 wieder an Bord gegangen.
Jelto K. 2012 sind wir komplett durchgefahren: Kanaren, Ostsee, östliches Mittelmeer, dann über den Suezkanal und Indien auf die Asienroute.
Wie war Ihr Lebensgefühl? Als ob Sie ständig im Urlaub wären?
Svenja H. Naja, ich habe sieben Tage die Woche gearbeitet, ein halber Tag frei war das Maximum. Aber sobald ich das Schiff in Privatklamotten verlassen habe, war ich plötzlich Touri. Da hatte ich schon ein Urlaubsgefühl.
Jelto K. Für mich war es lockerer. Manchmal waren nur wenige Golfer an Bord. Wenn ich frei hatte, konnte ich das Ausflugs- und Sportprogramm umsonst mitmachen. Da waren die dollsten Sachen dabei: mit dem Flugzeug über Dubai fliegen, Quadfahren in den Bergen von Zypern, tauchen, schnorcheln.
Svenja H. Als Abteilungsleiterin konnte ich meine Arbeitszeiten so legen, dass ich zusammen mit Jelto frei hatte. Wir haben so viel erlebt und gesehen, davon zehren wir heute noch. Weil wir alles gemeinsam gemacht haben, konnten wir die Zeit vielleicht noch mehr genießen als andere, die zuhause einen Partner sitzen hatten. Auf der anderen Seite konnte ich das alles teilweise gar nicht verarbeiten. Ein Highlight kam nach dem anderen.
Jelto K. Dieses ganze schöne Leben, für das andere teuer bezahlen, war für uns normal. Es besteht natürlich auch die Gefahr, dass man hängen bleibt und kein normales Leben an Land mehr führen kann.