Auch in der Göppinger Hauptstraße ist im Laufe der Jahrhunderte tüchtig gebaut worden. Viele Häuser haben dennoch überdauert – vor allem im Mittelteil der Straße sind ganze Gebäudeensembles erhalten geblieben.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Göppingen - Mehr als zwölf Jahre ist es her, dass die Hauptverkehrsader in Göppingen durchtrennt wurde. Nachdem im Jahr 2002 mit dem Bau der Neuen Mitte begonnen worden war, rollten zunächst keine Autos mehr über den Marktplatz. Seit drei Jahren sind auch die Busse aus dem Zentrum der Hohenstaufenstadt verschwunden. Dennoch hat die Hauptstraße als alte Mitte der Neuen Mitte nicht viel von ihrer Anziehungskraft verloren. Sieht man vom ehemaligen Feinkosthaus Gaiser einmal ab, dessen Nachnutzung einige Zeit hat auf sich warten lassen, sind Leerstände von Ladengeschäften nach doch etlichen Pächterwechseln meist nicht von allzu langer Dauer.

 

Allen Neuvermietungen und allen Umgestaltungen des Straßenraums zum Trotz hat sich das bauliche Gesicht entlang der Hauptstraße in vielen Segmenten nicht allzu sehr verändert. Vom Marktplatz her kommend steht rechterhand seit 1785 das Rathaus. Als 534. und letztes Gebäude wurde dieses nach dem großen Stadtbrand von 1782 wieder aufgebaut – nicht ohne Schwierigkeiten. Als das Fundament gesetzt werden sollte, stieß man auf eine ganze Menge Grundwasser. 1300 Holzpfähle mussten deshalb in den schlammigen Untergrund getrieben werden. Darüber, so heißt es in den Aufzeichnungen, „kam ein Rost aus Eichenholz im Ausmaß von 4146 Quadratschuhen“, was einer Fläche von rund 400 Quadratmetern entspricht.

Im Mittelteil ist die Bebauung weitgehend erhalten

Direkt vis-à-vis des Rathauses ist die historische Bebauung indes verschwunden. Auf unserem historischen Bild, das um das Jahr 1900 gemacht wurde, ist noch das Haus Heimann zu sehen. 1938 übernahm die Firma Haux das Textilgeschäft, baute es um und aus, ehe dort im Zuge der Errichtung der Neuen Mitte der Drogerist Müller einen Neubau hinstellte, für den auch die beiden sich anschließenden Häuser in der Hauptstraße weichen mussten.

Jenseits der Schulstraße hat sich die Bebauung – und zwar auf beiden Seiten – dagegen kaum verändert. Der Mittelteil der Hauptstraße lässt sogar deren „goldene Zeit“ aufleben. Seit dem vergangenen Jahr prangt der restaurierte goldene Pflug, der einst auf die gleichnamige Gaststätte hinwies, wieder am Haus mit der Nummer 11. Nachdem dort lange Jahre das Schuhaus Gold untergebracht war, haben hier inzwischen ein Handy-Laden und ein Backshop ihr Zuhause. Nebenan können sich Kunden heute unter anderem ihr Altgold versilbern lassen.

Mächtige Kastaneien mussten der Neuen Mitte weichen

Etwas weiter stadtauswärts folgt der Asia-Imbiss „Golden Wok“ gegenüber der Kreuz-Apotheke. Dort residierte einst das Lokal „Goldenes Kreuz“, das im Signet der Apotheke noch immer zu finden ist. Von ihrer früheren Nutzung als Marktmeile, noch lange bevor der motorisierte Fahrzeugverkehr in Göppingen einsetzte, ist die Hauptstraße hingegen abgerückt. Sieht man vom alljährlichen Martinimarkt ab, werden die Einkäufe nicht mehr unter freiem Himmel, sondern nur noch in den ansässigen Ladengeschäften abgewickelt.

Eine zufällige Ähnlichkeit zeigt sich beim Blick auf unsere beiden mehr als ein Jahrhundert auseinanderliegenden Fotos dann aber doch noch. Die beiden Kastanien auf dem historischen Bild haben fast die gleiche Größe wie die Bäume, die dort heute stehen. Bis 2002 war das anders. Die Kastanien am Marktplatz waren mächtig gewachsen – und mussten, zum Missfallen von großen Teilen der Bevölkerung der Neuen Mitte weichen.