Die Franklinstraße in der Göppinger Nordstadt hat sich ihr bauliches Gesicht weitgehend bewahren können. Eine „vornehme“, wie es in historischen Aufzeichnungen heißt, ist das „Villenviertel“ bis heute geblieben.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Göppingen - Wer sich in Göppingen auf der Suche nach der Franklinstraße durchfragen möchte, muss schon auf einen ziemlich ortskundigen Zeitgenossen treffen. Das L-förmige Sträßchen oberhalb des Nordrings ist nicht jedem ein Begriff und hätte sich dort nicht vor Jahrzehnten die IHK-Bezirkskammer angesiedelt, wüssten vermutlich noch weniger Leute Bescheid. Da die Interessensvertretung der Unternehmen und Betriebe in absehbarer Zeit allerdings in die Jahn-straße umziehen wird, dürfte sich der Bekanntheitsgrad der Franklinstraße nicht unbedingt erhöhen.

 

Weshalb die Straße zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach dem Nordamerikaner Benjamin Franklin, dem Erfinder des Blitzableiters und späteren Staatsmann, benannt wurde, lässt sich nicht eindeutig sagen. Fest steht allerdings, dass der Mitbegründer der Vereinigten Staaten keine persönlichen Beziehungen in die Hohenstaufenstadt hatte.

Ein Wohngebiet der Kommunalpolitik

Die kommunale Politik indes war in der Franklinstraße von ihrer Entstehung an vertreten. Das erste Haus in der noch heute begehrten Wohnlage bezog 1909 der damalige Göppinger Oberbürgermeister Julius Keck. Drei Jahre später entstanden dann die Häuser des Architekten Theodor Hiller und der jüdischen Weberfamilie Rothschild. In die repräsentative Villa, die auf unseren Fotos ganz links zu sehen ist, zog 1938 der NS-Landrat Alfred Nagel ein, nachdem Betty Rothschild ihr Haus kurz zuvor an das württembergische Finanzministerium verkauft hatte.

Auf dieser Seite ist die Bebauung der Franklinstraße bis heute erhalten geblieben. Zwar sind die Büsche und Bäume gewaltig gewachsen sowie einige Garagen und Gartenhütten hinzugekommen, ansonsten aber hat sich nicht allzu viel verändert. Die Zellersche Villa (auf dem historischen Bild rechts), in der eine ganze Zeit lang die Privatklinik Dr. Jesse untergebracht war, steht hingegen seit 1965 nicht mehr. Andere zum Teil stattliche Gebäude wurden an der Straße entlang gebaut, die heute allesamt als Wohnhäuser genutzt werden.

Haus der Famile in der Villa Boehringer

Dass das „Villenviertel“, wie es in historischen Beschreibungen genannt wird, „schon immer eine vornehme Gegend war“, zeigt ebenfalls ein Blick auf die Aufnahme aus dem Jahr 1920. Ein Automobil war zu dieser Zeit in Göppingen noch eine große Seltenheit. Nur noch zu erahnen ist auf dem aktuellen Foto, die Silhouette der Villa Boehringer, die am Kopfende der Franklinstraße steht, heute aber formal zur Olgastraße gehört.

Dort war, nachdem die Fabrikantenfamilie ausgezogen war, über viele Jahre das Haus der Familie untergebracht. 1989 zog die Bildungseinrichtung dann aber in Richtung Innenstadt, genauer gesagt in die grundlegend restaurierte Villa Butz in der Mörikestraße 17. Die Villa Boehringer, an der Ecke von Olga- und Franklinstraße, wird inzwischen wieder privat genutzt.