Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Die meisten in der Gruppe haben Ähnliches durchgemacht. Ein Teilnehmer unterstützt den Mann und erzählt ihm seine Geschichte, wie er nach der Scheidung plötzlich fast mit leeren Händen dastand, weil seine Ex-Frau alles mitgenommen hatte. Der Gruppenleiter versucht mit sachlichen Einwänden Tipps zu geben und empfiehlt, sich vielleicht erst einmal um die Auflösung des gemeinsamen Hauses zu kümmern. Und eine Teilnehmerin spricht das aus, was der Mann fühlt: „Die eigenen Kinder zu verlieren, das ist, wie wenn jemand dir die Finger abschneidet“, sagt sie. „Der Schmerz wird anders, aber er bleibt immer erhalten.“ Lösen können die Teilnehmer untereinander ihre Probleme nicht. „Man ist nicht mehr alleine“, sagt Krüger. „Und geteiltes Leid ist tatsächlich irgendwie halbes Leid.“

 

Viele Teilnehmer sind 50 Jahre und älter

Etwa jede dritte Ehe wird in Deutschland laut Statistischem Bundesamt irgendwann geschieden. Rund 15 Jahre hält in Deutschland durchschnittlich eine Ehe. Vor allem die Zahl der Scheidungen nach der Silberhochzeit hat sich in den vergangenen 20 Jahren verdoppelt. Die meisten in der Selbsthilfegruppe sind auch „Ü50“, wie Krüger sagt.

Lange waren es auch mehr Männer, die in seine Selbsthilfegruppe kamen. „Männer haben meistens kein Netzwerk, das sie auffängt“, so die Vermutung Krügers. „Viele kommen einfach, weil sie einsam sind“, sagt er. „Einige geben ja für die Ehe und die Familie alles andere auf.“ Weihnachten, Ostern oder nur das Wochenende löse bei ihnen Panik aus. Längst ist aus der Gruppe deshalb nicht nur eine Austauschrunde über die eigenen Gefühle geworden, sondern ein Netzwerk für Freizeitaktivitäten. Museumsbesuche, Wanderungen oder Treffen in Besenwirtschaften – die Teilnehmer und viele Ehemalige unternehmen viel. „Es sind richtige Freundschaften entstanden“, sagt Krüger. Er selbst hat seine Trennung längst überwunden. „Mir geht es so gut wie lange nicht“, sagt er. Der Gruppe treu geblieben ist er als sogenannter „Ingangsetzer“ – also quasi eine Art erfahrener Begleiter –, weil er etwas zurückgeben möchte. Auch möchte er als „gutes Beispiel“ vorangehen: „Ich kann Mut machen und ohne Emotionen andere begleiten.“

Der Initiator als gutes Beispiel

Vor etwa zwei Jahren sei seine Gruppe, die er nach wie vor am Montag betreut, etwas im „Loch“ gewesen. Es waren immer die gleichen Teilnehmer, der gleiche Austausch – dabei ging es für viele längst nicht mehr um die Trennung. Irgendwann geht das Leben ja tatsächlich weiter, wie es einst die Freunde prophezeit haben. Einmal im Monat trifft sich deshalb nun bei KISS eine Gruppe mit dem Titel „Lebensgestaltung nach Trennung“. Wie finde ich jemand Neues, wie gestalte ich mein Leben glücklich alleine? „Das sind die Fortgeschrittenen, die die Montagsmühle schon durchlaufen haben“, sagt Krüger und: „Das ist wirklich unsere lustigste Gruppe.“