Rund 150.000 Menschen sind am Samstag in die City geströmt, als es mal wieder hieß: Shoppen bis zum Umfallen, oder zumindest bis 24 Uhr. Dass tagsüber auch zwei Demonstrationen stattgefunden haben, hat offenbar einige Besucher abgeschreckt.

Stuttgart - Passend zum Motto der langen Einkaufsnacht hatte Melanie Liebig aus Backnang vergangene Woche ihr ganz persönliches Frühlingserwachen. „Als es plötzlich so warm geworden ist, habe ich gemerkt, dass ich gar nichts mehr Schönes zum Anziehen habe.“ Diese Behauptung dürfte vielen bekannt vorkommen. Um etwas gegen diesen untragbaren Zustand zu tun, ist Melanie Liebig mit einer Freundin am Samstag losgezogen und hat zugeschlagen: „Ein Paar Schuhe, ein Rock und vier Oberteile“ – das war der Stand um 21.15 Uhr, Ende noch nicht in Sicht. Fast alle Geschäfte rund um die Königstraße hatten bis 24 Uhr geöffnet.

 

Was die lange Einkaufsnacht betrifft, ist Melanie Liebig ein Profi. Sie schätzt, dass sie schon mindestens fünf Mal dabei war – bereits 17 gab es schon. Und weitere sollen folgen, sagt die City-Managerin Bettina Fuchs. „Wir halten an dem Konzept fest, es hat sich bei den Leuten etabliert.“

Trotzdem fällt die Bilanz der 17. Auflage nicht ausnehmend positiv aus. Nach einem sensationellen Start am Vormittag habe es einen Dämpfer gegeben: „Zum Einen hat das Wetter nicht so mitgespielt“, sagt Bettina Fuchs, „und es war schade, dass es am gleichen Tag zwei Demonstrationen in der Stadt gab.“ Gegner und Befürworter des Bildungsplanentwurfs der rot-grünen Landesregierung sind erneut durch die Innenstadt gezogen.

Die Demo hat manchen Ladenbesitzern das Geschäft vermasselt

Bettina Fuchs drückt sich sehr diplomatisch aus, wenn sie sagt, dass es „ein bisschen unglücklich war“, dass zeitweise der Marktplatz abgesperrt war. Von einigen Händlern habe sie gehört, dass Familien mit Kindern regelrecht geflüchtet sind: Die massive Polizeipräsenz habe viele abgeschreckt. Einige Läden hätten extreme Wirtschaftseinbußen erlitten. Die 170 000-Besuchermarke sei dieses Mal nicht erreicht worden, „ich gehe davon aus, dass gute 150 000 Menschen in der Stadt waren“, sagt Bettina Fuchs.

Sehr gut angekommen sei der Taschenbus, ein ausrangierter SSB-Linienbus, der auf dem Schlossplatz stand und in dem man kostenlos Einkaufstüten vorübergehend abgeben konnte. „Viele sagen, dass wir den Service häufiger anbieten sollen“, sagt Toni Driller, der die Spätschicht im Taschenbus hatte. Beliebt war auch der „Männerabend“ in der Yeans-Halle in der Tübinger Straße. Es gab eine Whiskey-Lounge und ein Barbier aus dem Stuttgarter Westen hat kostenlos Männerbärte gestutzt. Dass nicht nur die großen Läden und Filialen bei der langen Einkaufsnacht mitziehen, beweist zum Beispiel Cyroline, eine junge Boutique auf der Rückseite der Königstraße 45. Ein DJ legte Musik auf, es gab Sekt und Süßigkeiten. „Uns macht das Spaß und wir merken, dass viel mehr Leute als an normalen Samstagen kommen“, sagt Katharina Teufel von Cyroline.

Freimusik für alle gab es auch wenige Meter Luftline entfernt: Das Popbüro Region Stuttgart hat eine Bühne auf dem Rotebühlplatz aufgebaut und sieben Nachwuchsbands ausgewählt, die jeweils rund 45 Minuten gespielt haben.

Neu im Programm: Die lange Nacht der Blutspende

Dass sich die lange Einkaufsnacht in der Region etabliert hat, merkt man auch daran, dass andere Einrichtungen auf den Zug aufspringen: Das Klinikum Stuttgart hat zur langen Nacht der Blutspende aufgerufen. Von 16 bis 20 Uhr haben Freiwillige einen besonderen Imbiss zur Stärkung vor der Einkaufstour bekommen.

Und selbst die alternativen Wagenhallen am Nordbahnhof haben in der Shoppingnacht zum Kunstkaufhaus eingeladen: Am Samstagabend und am Sonntag tagsüber fand dort ein Ostermarkt mit ausschließlich selbst Gemachtem statt. Elke Huber und Anja Potthoff gehen gern auf Kunstmärkte. „Irgendwas findet man immer“, sagen die beiden Stuttgarterinnen. Die volle City wollten sie an diesem Abend meiden und dafür bei DJ-Musik in Ruhe zwischen Schmuck und Taschen stöbern.