Im Internet formiert sich eine Bürgerwehr für Stuttgart. Die Organisatoren wollen zunächst mögliche Teilnehmer kennenlernen – und so vermeiden, dass sich rechtsextreme Zeitgenossen bei ihnen einreihen.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Eine Gruppe junger Leute will nach dem Düsseldorfer Vorbild eine Art Bürgerwehr unter dem Titel „Stuttgart passt auf“ gründen. Die Polizei und die Stadt halten wenig von dem Vorhaben.

 

Zunächst werde man noch keinen Streifendienst organisieren, sagt einer der Gründer. Man wolle vorsichtig anfangen, da die Düsseldorfer auf die Nase gefallen sind: Ihnen schlossen sich Rechtsradikale an, dadurch sei das ganze Projekt in Verruf geraten. „Wir sind nicht rechts und eigentlich gar nicht politisch“, sagt der 30-jährige Mitgründer, der nur sein Facebookpseudonym Holy Moly als Namen angibt. Dass man in seinen Reihen nichts gegen Ausländer habe, sehe man schon an der Liste der Interessenten, die im Internet auf Facebook der Gruppe beigetreten seien. Er selbst sei im Alter von zehn Jahren als Spätaussiedler nach Deutschland gekommen, viele seiner Freunde seien ebenfalls Spätaussiedler und Kontingentflüchtlinge.

Die Organisatoren wollen keine rechtsextremen Mitläufer

Um sicherzugehen, dass man keine politisch zweifelhaften Mitläufer dabei habe, werde man zunächst nur Spaziergänge im Freundeskreis unternehmen, den ersten an diesem Samstag. „Wir wollen nur schauen, wie es an den Plätzen aussieht, die uns immer wieder als besonders gefährlich beschrieben werden“, sagt Holy Moly. Dazu zähle der Bereich um den Bahnhof, der Schlossplatz und Bereiche rund um die Partyszene in der Stuttgarter Innenstadt.

„Wir sehen keine Sicherheitslage, die Patrouillen einer Bürgerwehr auch nur im Ansatz rechtfertigen würde“, sagt Stefan Keilbach, bei der Polizei Pressesprecher und Bürgerreferent. In letzterer Funktion hat er den Organisatoren genau dies auch geantwortet. „Wir sind zwar auf die Aufmerksamkeit der Bürger angewiesen, die uns auch Vorkommnisse melden“, fügt er hinzu. Jedoch sollten Privatpersonen auch bedenken, dass sie im Ernstfall nicht die Rechte haben, mit denen die Polizei ausgestattet ist. „Wir haben als einzige Institution das staatliche Gewaltmonopol.“ Anstatt selbst einzugreifen und sich in Gefahr zu bringen, sollten Bürger lieber einmal zu oft als zu wenig die 110 anrufen.

Polizei und Rathausspitze raten von dem Vorhaben ab

Auch im Rathaus ist man vom Vorstoß der jungen Männer aus Stuttgart und Ostfildern wenig begeistert. „Unser Oberbürgermeister hat dieser Tage in der Aufarbeitung der Vorfälle von Silvester gesagt, man solle der Polizei den Rücken stärken – das gilt auch jetzt“, sagt Hermann Karpf, der Referent des Ordnungsbürgermeisters. Er fügt hinzu: „Wir haben eine Polizei, auf die sich die Bürger verlassen können. Weder die Sicherheitslage noch das Recht liefern eine Grundlage, dass Bürger in Stuttgart Streife laufen müssen.“

Trotzdem wollen Holy Moly und seine Freunde am Samstag durch die Stadt spazieren – und im Ernstfall die Polizei verständigen, wenn sie Gefahren entdecken.