Lange ist es ein Rätsel gewesen, ob es im Stuttgarter Gemeinderat für eine Mehrheit reicht. Nun ist die Waffenverbotszone mit einem deutlichen Votum beschlossen.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Sie kommt, die Waffenverbotszone: In Stuttgart soll es während der Nächte des Wochenendes und vor Feiertagen verboten werden, Messer dabeizuhaben, die eine feststellbare Klinge mit einer Länge von mehr als vier Zentimetern haben. Diese fallen bisher nicht unter das Waffengesetz, sind aber nach Einschätzung der Polizei auch gefährlich. Der Gemeinderat stimmte mit einer Zweidrittelmehrheit von 36 zu 18 Stimmen dafür. Wann die Regelung nun greifen wird, stehe noch nicht fest, sagte der Polizeipräsident Markus Eisenbraun nach der Sitzung. Das müsse die Stadt nun regeln. Wichtig sei, dass die Regeln der Verbotszone dann gut kommuniziert würden, so der Polizeichef.

 

Grüne werfen der CDU Stimmungsmache vor

In der Sitzung entspann sich aber vor der klaren Abstimmung noch eine scharfe Debatte. So ging Florian Pitschel (Grüne) die CDU scharf an: Die Debatte der zurückliegenden Monate habe nicht dazu beigetragen, das subjektive Sicherheitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern. Er kritisierte die CDU dabei auch für ein „gruseliges Plakat“, mit dem sie für eine Veranstaltung zum Thema geworben hatte. Die Grünen hätten letztlich die Zahlen überzeugt: 1048 Delikte mit Messern zwischen März 2021 und März 2022, als der Polizeipräsident die Regelung anregte, seien klar zu viel, so Pitschel. Lediglich Marcel Roth scherte aus und stimmte anders ab als der Rest der Grünen-Fraktion.

Die Grünen als größte Gruppe hatten lange ein Geheimnis daraus gemacht, wie sie abstimmen wollten. Als vor zwei Wochen klar wurde, dass sie zustimmen würden, galt es als sicher, dass die Waffenverbotszone eine Mehrheit bekommen würde. Dafür setzte es Kritik von der SPD, die gegen das Waffenverbot stimmte.

Die FDP hatte sich immer skeptisch gezeigt. Eine klare Position bezog sie dann am Donnerstag: Sie stimmte auch dafür. Als Zusatz zur vorgesehenen Regelung brachte sie ein, dass eine verbindliche Auswertung erfolgen muss. Das fand ebenfalls eine klare Mehrheit. Wie andere im Rat auch, kritisierte Matthias Oechsner, es hätten ihm klare Zahlen gefehlt.

Welche Zahlen sind die Grundlage?

Der Polizeipräsident Markus Eisenbraun versuchte einmal mehr, hier für Klarheit zu sorgen: Es seien unterschiedliche Zahlen im Umlauf, die man nicht vergleichen könne. Die rund 50 Delikte mit Messern aus dem Jahr 2021, auf die sich vor allem der Stadtrat Luigi Pantisano (Linksbündnis) immer wieder bezogen hatte, stammten aus der Polizeistatistik. Das heißt, dass die Fälle von der Polizei so weit aufgearbeitet seien, dass sie an die Staatsanwaltschaft gehen. Das treffe nicht für alle in einem Jahr begangenen Taten zu, und zum Teil seien diese Taten auch nicht im Jahr 2021, sondern schon davor begangen worden. Die 1048 Taten im Zeitraum März 2021 bis März 2022 stammten aus dem polizeilichen Lagebild. Das seien die Taten, die in diesem Zeitraum passiert seien. Konkrete Zahlen der Entwicklung im Zeitraum danach nennt die Polizei nicht – ein Grundsatz, der intern immer gilt. Eisenbraun verriet jedoch soviel: Die Steigerung der Taten mit Messern habe seit der von ihm im Frühjahr genannten absoluten Zahl „sehr deutlich im zweistelligen Bereich“ gelegen. Bei dieser Aussage kann man davon ausgehen, dass sich die Zunahme der Delikte nicht nur im Bereich von zehn Prozent bewegte.

Ein Teil der Skeptiker ist nun von der Regelung überzeugt

Die CDU hatte die Zahlen der Polizei nie in Zweifel gezogen. Der Fraktionschef Alexander Kotz musste sich jedoch aus den Reihen des Rats Kritik gefallen lassen, als er eine Reihe von Presseausschnitten vorlas, bei denen es um Messerdelikte ging. Denn zum Teil seien diese nicht in der Zeit geschehen, in der das Messerverbot greifen solle. Ebenso wie die CDU und die Freien Wähler hatte auch die AfD von Anfang an die Forderung nach der Waffenverbotszone unterstützt.

Der stärkste Gegenwind kam aus dem Linksbündnis. Luigi Pantisano wiederholte seine Vermutung, dass es eigentlich nicht um das Verbot von Messern gehe. Man wolle die jungen Leute, vor allem migrantischer Herkunft, People of Color und Schwarze aus der Innenstadt vertreiben und mit zusätzlichen Kontrollen schikanieren. Auch dem trat Eisenbraun entgegen. Bei den Kontrollen würde die Polizei beobachten, wo sich in der City Konflikte anbahnen. Dort werde man dann hingehen und sich die Gruppen anschauen, die miteinander in Streit geraten. Dazu setze die Polizei auch auf die im Sommer installierte Videoüberwachung, mit der die Polizei solche Entwicklungen verfolgen könne, erläuterte Eisenbraun.

Wo greift das Verbot?

Die Waffenverbotszone umfasst den Innenstadtbereich innerhalb des Cityringes und den Stadtgarten. Dort sind nun in den Nächten der Wochenenden und vor Feiertagen auch Messer verboten, die bislang nicht als verbotene Waffen im Sinne des Waffengesetzes gegolten hatten: Messer mit einer Klingenlänge von mehr als vier Zentimetern, bei denen die Klinge feststellbar ist. So die Polizei im Rahmen einer Kontrolle bei Personen in der Zone auf ein Messer stößt, kann dieses eingezogen werden. Verstöße sind mit einem Bußgeld bewehrt. Es sollen im Geltungsbereich keine Schilder aufgehängt werden, welche auf die Verbotszone in der Innenstadt hinweisen.