Wenn die Stadt nicht genügend Rettungsschwimmer findet, muss sie das Hallenbad im Sommer schließen. Sie wirbt mit einem coolen Imagefilm um Mitarbeiter.
Sindelfingen - Nur die obere Gesichtshälfte ist zu sehen. Die Augen sind hinter einer coolen Sonnenbrille verborgen in deren Gläsern sich Szenen aus einem Freibad spiegeln. Mit diesem Hinweis ist klar, wer sich hinter der Brille verbirgt, zumindest jedem, der in den vergangenen Jahren wenigstens gelegentlich im Sindelfinger Freibad gewesen ist. Stefan Böttcher heißt der Sonnenbrillenträger, mit dessen Konterfei ein Werbespot des Sindelfinger Badezentrums beginnt. Der Mann, Ende Fünfzig, ist der wohl weit und breit dienstälteste und auch beliebteste Bademeister.
Seit mehr als 38 Jahren wacht er über die Sicherheit der Badegäste, im Sommer im Sindelfinger Freibad, winters im Hallenbad. Generationen von Kindern und Jugendlichen hat er zur Ordnung gerufen. „Wenn er nicht da ist, fragen die Gäste nach ihm“, berichtet Thomas Steegmüller, der Chef des Badezentrums.
Junge schwimmbegeisterte Leute im Visier
„Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“ , steht im Imagefilm unter dem Sonnenbrillengesicht. Mit dem Spot sucht die Stadt händeringend weitere Bademeister für ihrer Bäder. Der Filmspot ist cool und witzig, ausgerichtet auf junge schwimmbegeisterte Menschen, die während der Freibadsaison im Bad aushelfen möchten. Gesucht werden Voll- und Teilzeitkräfte aber auch Aushilfen auf Minijob-Basis. Voraussetzung ist ein Mindestalter von 18 Jahren und ein Rettungsschwimmerschein. Den kann man aber zur Not noch nachmachen. Bis zur Eröffnung des Bads am 1. Mai ist ja noch etwas Zeit.
Steegmüller hat gemeinsam mit der Sindelfinger DLRG ein Fortbildungsprogramm organisiert, in dem gute Schwimmer die Ausbildung zum Rettungsschwimmer absolvieren können. Der Auftakt ist bereits am kommenden Wochenende mit einem Erste-Hilfe-Kurs. Doch auch wer dann keine Zeit hat, kann noch kurzfristig einsteigen. Der Imagefilm hat Erfolg. „Wir haben bisher 17 Bewerbungen“, sagt der Badechef.“
Um den Betrieb in Hallen- und Freibad parallel aufrecht erhalten zu können, braucht Steegmüller 18 Vollzeitkräfte plus Saison-Aushilfen. Im vergangenen Jahr reichte das Personal erstmals nicht. Die Folge: „Wir mussten das Hallenbad von Anfang Mai bis Mitte September schließen“, sagt der Verwaltungschef mit Bedauern.
In Böblingen macht das Hallenbad im Sommer dicht
In der Nachbarstadt Böblingen ist das längst Usus. Während der Sommermonate bleibt das Hallenbad zu. „Anders könnten wir das personell nicht stemmen“, sagt Gerd Hertle, bei den Stadtwerken der verantwortliche Geschäftsführer für die Bäder. In Herrenberg ist eine Schließung des Hallenbads im Sommer kein Thema. Aber noch hat man nicht genügend Personal für die Doppelöffnung. „Wir suchen aktuell drei Fachangestellte für den Bäderbetrieb sowie saisonale Aushilfen“, sagt eine Sprecherin der Stadt.
In Schönaich ist das Personalthema seit Jahren akut. Zeitweise mussten die Öffnungszeiten des kleinen, von einem Förderverein betriebenen Bads eingeschränkt werden. „Dieses Jahr sind wir gut aufgestellt“, sagt der Bürgermeister Daniel Schamburek. Es gebe nicht nur genügend Rettungsschwimmer, sondern auch einen Betriebsleiter, der die gesetzlichen Vorgaben erfülle. „Wir haben für diese Posten einen von unserem Bädle begeisterten Mann gefunden, der eine Schwimmmeistergehilfen-Ausbildung hat“, sagt Schamburek. Der bisherige Badleiter, der nach mehr als 20 Jahren nicht mehr die neuen Richtlinien erfüllt, werde derzeit fortgebildet, um im kommenden Jahr wieder am Start zu sein.
In Sindelfingen hofft man, bis zur Deadline Mitte April genügend Leute beisammen zu haben. „Dann entscheiden wir, ob wir Hallen- und Freibad parallel öffnen können“, sagt Thomas Steegmüller. Spätestens dann ist auch Stefan Böttcher wieder da. Der hat nämlich im Moment Urlaub. Und wohin zieht es einen Schwimmmeister in den Ferien? Natürlich ins Wasser. Zurzeit ist der prominente Bademeister abgetaucht: im Roten Meer in Ägypten.
Bademeister sind ausgebildete Fachkräfte
Bademeister
Der Begriff Bademeister ist bei den Fachangestellten für Bäderbetriebe, wie sie offiziell heißen, eher verpönt. Die Ausbildung dauert im Normalfall drei Jahre. Voraussetzung ist gute körperliche Fitness sowie handwerkliches Geschick und technisches Verständnis.
Aushilfen
Zusätzlich zu Fachangestellten, die die Verantwortung tragen, können die Bäder auch saisonale Aushilfen anstellen. Diese müssen volljährig und ausgebildete Rettungsschwimmer sein.
Anzahl
In Sindelfingen werden am Tag 16 Bademeister in zwei Schichten gebraucht, wenn Freibad und Hallenbad parallel öffnen.
Hier geht’s zum Imagefilm: https://www.facebook.com/Badezentrum/videos/975468575910644/