Verkaufsoffene Sonntage sind vorerst gestrichen, der Marktplatz wird bald zur Baustelle. Stadt und Händler wollen die City trotzdem attraktiv machen – unter anderem mit Baustellen-Marketing.

Sindelfingen - Acht neue Stellen schafft die Sindelfinger Stadtverwaltung, um das Mammutprojekt Tiefgaragensanierung unter dem Marktplatz zu stemmen. Fast 40 Millionen Euro soll das größte Bauvorhaben der Stadt kosten. Davon fließt auch einiges in das Baustellen-Marketing. Nein, das ist kein Schreibfehler. Die Stadt möchte ihre kommende Riesenbaustelle systematisch vermarkten. Angedacht sind Baustellenführungen, aber auch Events in der Garage. „Wie können wir die Innenstadt trotz Baustelle attraktiv halten? Das ist unser Ansatz “, erklärt der Oberbürgermeister Bernd Vöhringer dazu.

 

Die Angst der Innenstadthändler sitzt tief, obwohl keiner von ihnen dieses Wort in den Mund nehmen würde. „Wir sprechen lieber von Herausforderungen“, sagt Henning Mezger, der Sprecher der Gruppe Handel im Gewerbe- und Handelsverein. Und die Herausforderungen für die Einzelhändler der Stadt sind riesig.

Gericht verbietet verkaufsoffene Sonntage

Die größte ist zweifellos der Umbau der Tiefgarage, der sich über Jahre hinziehen kann und das Areal rund um den Marktplatz in eine einzige Baustelle verwandeln wird. Aber auch andere Probleme plagen die Händler. Die Erweiterung des Breuningerlands im Osten der Stadt, die nun vom Verwaltungsgerichtshof genehmigt wurde, macht die Situation für die Läden in der City nicht einfacher. Weit schwerer wiegt für viele aber das Verbot verkaufsoffener Sonntage – auch dies eine Entscheidung des Mannheimer Gerichts, das einer Klage der Gewerkschaft Verdi nachgab. „Damit verlieren wir eine wichtige Möglichkeit, uns einem breiteren Publikum zu präsentieren“, sagt Robert Klotz, Inhaber eines Sportgeschäfts, bedauernd. Er sitzt auch für die Freien Wähler im Gemeinderat.

Dabei profitierten vor allem die Innenstadthändler von den gesamtstädtischen Verkaufssonntagen. Die anfänglichen Befürchtungen der Händler, dass die Kunden dann nur die großen Einkaufszentren – das Breuningerland und Möbel Hofmeister ansteuerten, erwiesen sich dank der von den Großen finanzierten Shuttle-Busse und Rabattaktionen als haltlos. Im Gegenteil: „Die gesamtstädtischen Sonntage waren die besucherstärksten“, sagen Klotz und Mezger unisono. „Sie brachten mehr Publikum aus einem größeren Einzugsgebiet in die Stadt“, haben sie festgestellt.

Parkplätze fallen weg

Doch damit ist es vorerst vorbei. Verdi hat durchgesetzt, dass verkaufsoffene Sonntage an sich nicht zulässig sind. Es muss immer einen konkreten Anlass wie ein Fest geben, das von allein mehr Besucher anlockt als die Ladenöffnung. Für Außenbezirke wie die Sindelfinger Oststadt gelten noch schärfere Kriterien. Festhalten wolle man aber auf jeden Fall an Sonntagsöffnungen der Läden in der Innenstadt, stellt der Oberbürgermeister Bernd Vöhringer klar. Er hat die Wirtschaftsförderung damit beauftragt zu prüfen, „welche städtischen Traditionsveranstaltungen sich für einen verkaufsoffenen Sonntag eignen“. Das Internationale Straßenfest eigne sich nicht, sagt Sascha Dorday, der Chef der Wirtschaftsförderung. „Da ist es zu voll und zu eng in der Stadt.“ Aber er ist zuversichtlich, andere Anlässe zu finden.

Doch nun geht es darum, die Tiefgaragensanierung zu organisieren, ohne dass die Kunden entnervt wegbleiben. Denn es werden nicht nur Parkplätze wegfallen, sondern auch für Fußgänger wird es für viele Monate beschwerlich sein, die Läden rund um die Baustelle zu erreichen. Deshalb hat die Stadt nun dem Gemeinderat ein Gesamtkonzept für das Projekt Sanierung vorgelegt. Dabei geht es auch darum, wie mit den Bürgern, Anwohnern und Händlern kommuniziert werden soll. Und bevor die Baustelle aufgebaut wird, sollen Events in der Stadt noch einmal für attraktive Momente sorgen.

Altstadtflair und Schokolade

Doch mit Baustellenmarketing allein ist es nicht getan. Das weiß auch der Oberbürgermeister. Denn es fehlt in der City nicht nur an einem guten Branchenmix – so gibt es keinen Spielwarenhändler –, sondern vor allem an Attraktionen, die Kunden anlocken. Immerhin einen Coup konnte die Stadtverwaltung diese Woche feiern: Der Deutsche Meister der Chocolatiers, Kevin Kugel, verlegt seinen Firmensitz nach Sindelfingen. Er baut in der Nähe des Marktplatzes nicht nur einen Laden samt Café, sondern auch innerstädtische Wohnungen. „Kugel wird ein Anziehungspunkt in der Stadt“, da ist sich Vöhringer sicher. Um weitere Händler und Gastronomen anzulocken, fehlt es in der Stadt jedoch an Entwicklungsflächen. Denn Leerstand gibt es praktisch nicht in Sindelfingen. Deshalb möchte Vöhringer nun einen Immobilienmanager einstellen, der sich ausschließlich um die Entwicklung innerstädtischer Gewerbeflächen kümmern soll. Doch Einkaufen sei nicht alles: „Shoppen können Sie im Breuningerland. Aber bei schönem Wetter durch die Altstadtgassen bummeln geht im Shoppingcenter nicht. Das ist die Stärke unserer Innenstadt“, sagt Vöhringer.

Volksbank wird abgerissen

Tiefgarage
Die Garage unter dem Marktplatz ist erst 35 Jahre alt, muss aber komplett saniert werden. Als Ursache für die großen Schäden vermuten Experten den Atombunker, der dort eingebaut wurde. Dessen fugenlose Bauweise führt zu Spannungsrissen. Momentan wird mit Kernbohrungen untersucht, wie tief die Schäden sind. Danach werden Gutachter Konzepte zur Sanierung erstellen.

Entwicklungsflächen
Eine der wenigen Entwicklungsflächen in der Innenstadt ist das Areal der alten Volksbank am unteren Marktplatz. Das Gebäude soll abgerissen werden, beschloss jetzt der Gemeinderat. Bevor dort neu bebaut wird, könnte das Areal während der Sanierung der Tiefgarage genutzt werden: als Parkplatz und /oder Ausweichmöglichkeit für den Wochenmarkt, der dreimal wöchentlich auf dem Marktplatz stattfindet.