Die Stadträte geben ihr Okay zu dem neuen Standort in der Calwer Straße. Dort ist Platz für 140 Menschen. Anwohner beschweren sich in der Bürgerfragestunde des Gemeinderats über die Pläne.

Sindelfingen - Einstimmig ist das Votum der Sindelfinger Stadträte am Dienstagabend ausgefallen: Sie gaben ihr Okay für die Umwandlung des Hotels Ritter in der Calwer Straße in ein Flüchtlingswohnheim. Maximal zehn Jahre soll das Gebäude als Heim für Asylbewerber dienen. Dann möchte die Stadt das Grundstück vom Landkreis kaufen. Platz für 140 Menschen bietet das Hotel, das im Moment noch als solches genutzt wird. In der kommenden Woche muss noch der Kreistag seine Zustimmung zum Kauf geben. „Dann kann der Vertrag mit den Eigentümern unterschrieben werden“, sagt Wiebke Höfer, die Pressesprecherin des Landratsamtes. Danach müsse es noch umgebaut werden. Wie viel der Kreis investiert, dazu wollte Höfer keine Angaben machen.

 

Gleich zu Beginn der Gemeinderatsitzung am Dienstagabend hatten sich in der Bürgerfragestunde zwei Anwohner aus der Calwer Straße über die geplante Flüchtlingsunterkunft beschwert. Sie wollten wissen, ob der Gemeinderat diese nicht verhindern könne. Ganz klar fiel das Statement von Walter Arnold, dem Fraktionschef der CDU, dazu aus: „Das ist Sache des Kreises. Wenn der ein privates Hotel zur Flüchtlingsunterbringung kaufen möchte, dann haben wir da nichts mitzureden.“

Hotel besser als Sporthalle

Und in der Tat braucht der Landkreis nicht die Zustimmung der Stadt für ein Flüchtlingswohnheim. Denn die Städte und Gemeinden sind verpflichtet, Flüchtlinge aufzunehmen, der Kreis ist für deren Unterbringung verantwortlich. Im Landkreis hat man sich jedoch darauf geeinigt, dass die Standorte für Asylbewerberheime im Konsens mit den Kommunen ausgesucht werden. Einhellig sprachen sich alle Sindelfinger Fraktionssprecher für das Hotel Ritter als Flüchtlingsunterkunft aus.

Am deutlichsten formulierte dies der FDP-Stadtrat Andreas Knapp: „Ich will mich da nicht aus der Verantwortung stehlen. Ich stimme bewusst für das Hotel Ritter. Ja, wir muten den Anwohnern einiges zu, aber es geht nicht anders.“ Die Unterbringung von Asylbewerbern in einem Hotel sei für alle Beteiligten „zehnmal besser als in einer Turnhalle“. Die der Sindelfinger Gottlieb-Daimler-Schule ist dafür bereits vorbereitet, soll aber nur im äußersten Notfall belegt werden. „Wenn ich mir vorstelle, ich müsste wochenlang in einer Turnhalle übernachten, dann würde ich vielleicht auch ausrasten“, sagte Knapp.

Er wetterte auch gegen die Statistik, die die Stadtverwaltung gerne zeigt. Danach gibt es in Sindelfingen Ende des Jahres knapp 500 Plätze für Flüchtlinge in Sammelunterkünften – mehr als in jeder anderen Kommune im Kreis. „Mir kommen diese Statistiken zynisch vor. Fakt ist doch, dass wir bisher noch keinen Flüchtling aufgenommen haben. Und wenn es jetzt in kurzer Zeit viele werden, dann liegt das daran, dass wir bisher hintendran waren.“

Bürgerinformation ist geplant

Es gebe bei der Landkreisverwaltung „keine Anti-Sindelfingen-Haltung“, sondern der Kreis stehe enorm unter Druck, betonte Andreas Knapp. Seine Einschätzung teilt der SPD-Fraktionschef Andreas Schneider-Dölker. Gerade die Schnelligkeit, mit der schon wieder eine Unterkunft vorbereitet werde, zeuge von dem ungeheuren Druck auf den Kreis. Dabei sei die sonst übliche Bürgerinformation der Nachbarschaft zu kurz gekommen. Wichtig sei, sie schnell nachzuholen. „Wir müssen diese Ängste ernst nehmen“, sagte der Stadtrat Schneider-Dölker.

Der städtische Sozialamtsleiter Hans-Georg Burr kündigte an, dass eine Veranstaltung für die Nachbarn des Hotels gemeinsam mit den Anwohnern der Unterkunft in der Nüßstraße geplant sei. Zu den besorgten Nachbarn sagte Burr, dass es einen Heimleiter sowie einen hauptamtlichen Sozialarbeiter in der Unterkunft geben werde. An diese könnten sich die Nachbarn bei Problemen wenden.