Im vergangenen Jahr gab es in Sindelfingen 714 Mal Feueralarm – fast doppelt so häufig wie vor fünf Jahren. Allein 164 Mal handelte es sich um Fehlalarme von Rauchmeldern. Auch der Brandschutz für Gebäude macht immer mehr Arbeit.

Sindelfingen - Wenn es nicht so ernst wäre und keine Menschenleben bedroht wären, könnte man sagen: Rainer Just nimmt es sportlich. Der Kommandant der Sindelfinger Feuerwehr verzeichnete im vergangenen Jahr 714 Einsätze seiner Abteilung. Das waren 150 mehr als noch im Vorjahr. Ausschlaggebend waren dabei auch die häufigen Fehlalarme von Brandmeldeanlagen: Insgesamt 164. „Sie basierten auf Fehler der Technik“, sagt Just. Er und seine Einsatzkräfte würden deshalb jedoch nicht nachlassen in ihrem Bestreben, so schnell wie möglich vor Ort zu sein: „Wir gehen nie von einem Fehlalarm aus. Je früher wir da sind, desto früher können wir, wenn nötig, einen Brand löschen.“ Im Endeffekt müssten seine Feuerwehrmänner nun eben ein bis zwei Mal pro Woche mehr ausrücken als früher.

 

Kommen weitere vier Hauptamtliche?

Just freilich stößt mit seiner hundertköpfigen ehrenamtlichen Truppe, zu der auch sechs Frauen gehören, an Grenzen. „In diesem Jahr sollten wir nicht noch einmal diese Erhöhung an Einsätzen haben“, sagt der 56-Jährige, seit 1980 bei der Feuerwehr und seit 2004 Kommandant. Er ist einer von zwölf Hauptamtlichen in der Sindelfinger Wache. Damit weiterhin sämtliche Aufgaben erfüllt werden können, soll die Personaldecke um vier hauptamtliche Kräfte erweitert werden. Die Entscheidung darüber soll im nächsten Monat im Sindelfinger Gemeinderat fallen.

Auch auf den Fall von zwei Alarmen gleichzeitig muss Just vorbereitet sein und auf die nötigen Einsatzkräfte zurückgreifen können. Zum „Sindelfinger Standard“ gehört nämlich, dass jeweils mindestens vier Fahrzeuge ausrücken. Inklusive eines Wagens mit einer Drehleiter, weil es in Sindelfingen zahlreiche höhere Gebäude gibt. Damit genügend Feuerwehrmänner zur Verfügung stehen, werden auch die 110 Ehrenamtlichen der Wachen aus den Stadtteilen Darmsheim und Maichingen zum Dienst eingeteilt. „Das klingt nach viel“, sagt Just, „ist es aber nicht.“ Denn manche sind bei der Arbeit nur schwer abkömmlich, manche auf einer Schulung, andere wiederum haben Urlaub oder sind krank. Immerhin sind die meisten von den zwölf Hauptamtlichen in der Regel sofort einsatzbereit.

Solaranlagen und Elektroautos

Wenn sie nicht gerade einen Auswärtstermin haben. Wie Thomas Schnaufer, hauptamtlich zwar für die Einsatzleitung zuständig, jedoch auch für die Vorbeugung beim Brandschutz. Letzteres heißt, dass er zu Beratungen hinzugezogen wird, wenn es um die Ausstattung mit Brandmeldern und sicherheitstechnischen Anlagen geht. Dies ist zum Beispiel beim Bau des Hochhauses der Sindelfinger Firma Bitzer der Fall. Auch bei der Errichtung des Darmsheimer Tunnels mit Brandschutzanlagen waren Schnaufer und seine Expertenkollegen gefragt. „Eine ganz große Baustelle wird aber noch kommen“, sagt der 38-Jährige. Und zwar dann, wenn im Zuge des Ausbaus der A 81 der 850 Meter lange Autobahndeckel gebaut wird. Auch das mache die Verstärkung der Hauptamtlichen nötig.

An den bei der Stadt angestellten Feuerwehrprofis liegt es, dass die Truppe auf die wachsenden Herausforderungen vorbereitet wird. „Unsere Aufgaben werden immer facettenreicher“, sagt Schnaufer. Dazu gehören etwa Solaranlagen auf Dächern oder auch Elektroautos, aus denen es bei Unfällen Personen zu bergen gilt. „Wir müssen uns mit der Technik auskennen“, erläutert der Kommandant Just, „in den modernen Autos etwa fließt schließlich Strom.“ Das gelte auch für Photovoltaik. „Die Kabel der Anlagen verlaufen durch die Gebäude“, erklärt Just. Leicht könne ein Feuerwehrmann bei seinem Einsatz einen Stromschlag erhalten, wenn er nicht aufpasse.

Kommandant: Rauchmelder sind auch ein Segen

„Die Brände mit Toten sind in den vergangenen Jahren zurückgegangen“, bilanziert der Kommandant. Obwohl die Belastung seiner Truppe wegen den Rauchmeldeanlagen deutlich höher sei, seien sie doch ein Segen, resümiert er. „Mit Hilfe der Rauchmelder ist ein Brand jetzt doch viel schneller zu entdecken.“

Einsatzkräfte im Kreis haben es mit mehr schweren Verkehrsunfällen zu tun

Überlandhilfe:
Die Feuerwehren werden auch für die sogenannte Überlandhilfe zu Bränden im gesamten Kreis gerufen. Allein die Sindelfinger rückten dafür im Vorjahr 13 Mal aus. Zuletzt waren Anfang Dezember 90 Helfer bei einem Brand eines Mehrfamilienhauses in Böblingen-Dagersheim vor Ort, bei einem Dachstuhlbrand in Herrenberg 84 Einsatzkräfte sowie eine 15-köpfige Führungsgruppe des Kreises. Im Oktober gab es einen Großalarm beim Golfclub in Weil im Schönbuch, wo 180 Kräfte die Flammen löschten. Bei einem Brand auf einem Aussiedlerhof zwischen Leonberg und Rutesheim waren ebenso viele Feuerwehrleute im Einsatz.

Unfälle:
Die Feuerwehren werden auch zu schweren Verkehrsunfällen gerufen. Die Einsätze der Sindelfinger Kräfte, die nichts mit einem Feueralarm zu tun haben, erhöhten sich von 142 im Jahr 2017 auf 229 im vorigen Jahr. Die Helfer müssen dabei oft eingeklemmte Personen aus ihren Fahrzeugen befreien. Die Zahl der Toten war im Kreis Böblingen 2018 besonders hoch. Bis Ende November ließen 16 Menschen auf den Straßen ihr Leben. Im Jahr 2017 waren es sechs gewesen. Allein zwei Tote gab es am 27. November in Sindelfingen bei einem Unfall am Ortsausgang in Richtung Leonberg und Stuttgart-Büsnau bei einem Frontalzusammenstoß.