Das Deutsche Rote Kreuz zieht mit der Rettungswache und der Verwaltung des Kreisverbands in einen Neubau auf das Flugfeld. Zehn Millionen Euro kostet er.

Sindelfinger - Exakt wird der Zeitplan eingehalten. Um 7.15 Uhr setzt sich der Tross in Bewegung. Fünf Rettungswagen und fünf Krankenwagen verlassen zum letzten Mal die Sindelfinger Rettungswache in der Waldenbucher Straße. Ihr Ziel liegt 3,5 Kilometer entfernt auf dem Flugfeld. Hier steht die neue Rettungswache, zuständig unter anderem für die Nachbarstädte Böblingen und Sindelfingen und für die Kommunen auf der Schönbuchlichtung. Eines der Einsatzfahrzeuge ist erst gar nicht mitgekommen, sondern zu einem Notfall unterwegs. Während der fünfminütigen Fahrt vom alten zum neuen Standort kommt ein weiterer Rettungswagen abhanden, er muss zu einem Einsatz.

 

Damit der Umzug bei laufendem Betrieb reibungslos über die Bühne geht, haben die Mitarbeiter in den Tagen zuvor alles akribisch vorbereitet. „Am Montag ist das Büro umgezogen, am Dienstag das medizinische Lager. Die Fahrzeuge waren nun als letzte dran“, sagt Gerhard Fuchs, der Chef des Rettungsdienstes im Kreis Böblingen.

In dem Neubau in der Umberto-Nobile-Straße 10 sind die Rot-Kreuz-Mitarbeiter mit Einräumen beschäftigt. Sandra Schimmock, verantwortlich für den Hausnotruf, an den 800 Senioren in Sindelfingen angeschlossen sind, sortiert die Hausschüssel der Teilnehmer. Statt mit Namen ist jeder mit einer Nummer versehen. Bei einem Notfalleinsatz kann jeder Sanitäter mit seinem Zugangscode den Schlüssel holen. So ist gewährleistet, dass kein Unbefugter sich Zugang zu einer Seniorenwohnung verschaffen kann.

Mehr als doppelt soviel Platz

Gerhard Fuchs hat sein neues Büro bereits Anfang der Woche in Beschlag genommen. Familienfotos und eine Pflanze zieren den hellen, freundlichen Raum. Kein Vergleich zu den engen und dunklen Büros in der Waldenbucher Straße. Vor allem die Rettungssanitäter atmen auf. Knapp 1000 Quadratmeter stehen ihnen jetzt im Erdgeschoss zur Verfügung. „Am alten Standort waren es nicht mal halb so viele und dann noch über das ganze Haus verteilt“, sagt Jürgen Schmid, der stellvertretende Leiter der Sindelfinger Wache.

Gefährlich sei die Situation in der alten Wache gewesen. Der Aufenthaltsraum für die Sanitäter war im ersten Stock. Bei einem Alarm stürzten sie eine steile Treppe hinunter zu den Fahrzeugen. „Dass da nie etwas passiert ist, ist ein Wunder“, meint Fuchs. Nun stehen den Sanitätern für ihre Zwölf-Stunden-Schichten acht Ruhezimmer zur Verfügung. „Bisher hatten wir nur zwei, die sich alle teilen mussten“, sagt Fuchs. Großzügige Terrassen am Neubau und eine Sitzgruppe im Freien erlauben es den Mitarbeitern, bei schönem Wetter die Mittagspause draußen zu verbringen.

Auch die Ein- und Ausfahrt der Rettungsfahrzeuge sei nun wesentlich einfacher. „Da gewinnen wir Zeit. Das wird uns helfen, die Rettungsfristen besser einzuhalten“, meint der Chef. Gesetzlich vorgeschrieben ist, dass die Retter in 95 Prozent aller Fälle innerhalb von 15 Minuten am Einsatzort sein müssen. Doch das sei nicht immer zu schaffen, sagt Fuchs: „Vor allem die vielen Baustellen auf den Straßen im Kreis sind eine Katastrophe.“

Baustellenflair herrscht aber auch noch rund um das neue Rot-Kreuz-Gebäude auf dem Flugfeld. Bei glühender Hitze teeren Arbeiter die Fläche am Haupteingang. Im Innenhof sind Maler mit letzten Feinarbeiten beschäftigt. „Am Montag verschwindet der Bauzaun“, ist Fuchs zuversichtlich.

170 Mitarbeiter ziehen um

Dann ziehen auch die anderen Rot-Kreuzler um, die des Kreisverbands, die sich mit der Rettungswache das Gebäude teilen. Jede Woche ist eine andere Abteilung an der Reihe. „In der letzten Augustwoche soll alles fertig sein“, sagt Fuchs. 170 Mitarbeiter aus Kreisverwaltung und Rettungswache wechseln den Standort. Wehmut kommt bei keinem auf. Zu beengt ist es in der Waldenbucher Straße gewesen. Das dortige Gebäude war in den 1960er Jahren für damals 15 Angestellte erbaut worden.

Stolz ist man beim Kreisverband, dass der Neubau, dessen Räume in den Rot-Kreuz-Farben Weiß und Rot gehalten sind, voll im Zeit- und Kostenplan geblieben ist. „Unser Präsident Michael Steindorfner hat gesagt: ‚Mehr als zehn Millionen darf es nicht kosten.’ Mehr ist es auch nicht geworden“, sagt der Pressesprecher Wolfgang Heubach.