Microsoft hat die Mobilfunksparte von Nokia auch deswegen gekauft, weil er mit seiner bisherigen Strategie gescheitert ist. Er macht es jetzt wie Apple und Google und bietet Hard- und Software aus einer Hand – auch zum Wohle des Nutzers.

Stuttgart - Microsoft hat die Mobilfunksparte von Nokia gekauft. Das Unternehmen verfolgt damit eine Strategie, mit der die Konkurrenten Apple und Google seit Jahren erfolgreich sind: Hardware und Software aus einer Hand. Warum der Schwenk?

 

Auf dem PC-Markt hat Microsoft keine Probleme. Das Desktop-Betriebssystem Windows ist weltweit noch immer auf neun von zehn Computern installiert. Dessen Pendant Windows Phone, das für Smartphones gedacht ist, kommt dagegen in Europa lediglich auf einen Marktanteil von 8,2 Prozent. In den USA sind es sogar nur magere 3,5 Prozent. Das ist zu wenig in diesem Zukunftssegment.

Nur einer hält Microsoft die Treue

Die Probleme begannen bereits mit der Einführung von Windows Phone im Jahr 2010. Hohe Anforderungen an die Hardware machten die Smartphones teuer. Gleichzeitig hatte die neue Plattform mit zahlreichen Kinderkrankheiten zu kämpfen. Wichtige Funktionen fehlten und es gab kaum Anwendungen für Mobilgeräte mit Microsofts Betriebssystem – also etwa keine Youtube-App und keine VVS-Fahrplanauskunft.

Entsprechend schlecht verkauften sich die ersten Geräte mit Microsofts Betriebssystem. Hardware-Hersteller konzentrierten sich deshalb lieber auf Googles Betriebssystem Android. Es gab immer weniger Mobilgeräte mit Windows-Betriebssystem zu kaufen.

Nur ein Hersteller hielt Microsoft die Treue: Nokia. Dessen Chef Stephen Elop machte 2011 in einem Memo an die Nokia-Mitarbeiter deutlich, dass der Weg zum Erfolg seiner Meinung nach über ein „integriertes Ökosystem führt, das Hardware und Software unter einem Dach vereint“ – also gemeinsam entwickelte und aufeinander abgestimmte Hard- und Software. Es war der Beginn einer strategischen Partnerschaft. Nokia setzt bei seinen Lumia-Smartphones seither ausschließlich auf Windows Phone und entwickelt eigene Anwendungen, um den Funktionsumfang zu erweitern – zum Wohle des Nutzers.

Volle Kontrolle

Mit dem Kauf von Nokias Mobilfunksparte kann Microsoft künftig nicht nur die Hardware und das Design der Lumia-Smartphones bestimmen, sondern auch auf Nokias Expertise in der Software-Entwicklung zurückgreifen – etwa im Bereich eigener Kartendienste. Microsoft hat somit erstmals die Möglichkeit, das Nutzererlebnis von Windows Phone in allen Bereichen von Anfang an selbst zu gestalten – so wie die Konkurrenz von Apple und Google.

Apples Aufstieg begann 2001 mit der Vorstellung des ersten iPods. 2007 folgte das iPhone, 2010 das iPad. Wie schon zuvor in seiner Computersparte entwickelt und vermarktet Apple die Hardware und Software selbst. Weder das mobile Betriebssystem iOS noch das Desktop-Betriebssystem Mac OS X werden an Dritthersteller lizenziert. Apple behält so die volle Kontrolle. Das macht sich bezahlt: In Umfragen zum Thema Kundenzufriedenheit belegt die Firma regelmäßig Spitzenplätze.

Wann kommt das Microsoft-Smartphone?

Im Gegensatz dazu verärgerte Googles mobiles Betriebssystem Android seine Nutzer gerade in den Anfangsjahren durch eine Vielzahl unterschiedlicher, von den Hardware-Herstellern verschlimmbesserten Versionen sowie fehlende Updates. Die Hersteller entschieden selbst, wann und ob sie das Betriebssystem auf ihren Smartphones aktualisieren. Googles Versuch, sie im Rahmen der „Android Update Alliance“ in die Pflicht zu nehmen, scheiterte nach kurzer Zeit. Also entschloss sich Google im Januar 2010, dem Beispiel von Apple zu folgen und brachte die Nexus-Reihe auf den Markt. Smartphones dieser Serie werden zwar von Auftragsherstellern produziert, erscheinen aber unter dem Markennamen Google. Die Kontrolle über das Betriebssystem verbleibt ebenfalls beim Suchmaschinen-Giganten.

Mit dem Kauf der Mobilfunksparte von Motorola bereitete Google im vergangenen Jahr den Weg für das erste echte Google-Smartphone, das in Kürze als Moto X auf den amerikanischen Markt kommt. Auch das erste Microsoft-Smartphone wird nicht lange auf sich warten lassen.