Auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht: Ums Draufhauen geht es beim Mannschaftssport Jugger nicht. Gefragt sind Teamgeist, Geschick und Fitness.

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Kornwestheim - Beim Teutates – ob das gut geht? Bei „Asterix und Obelix“ endet es, wenn adrenalingesteuerte Horden aufeinander zurennen, meist mit barfuß aus dem Bild fliegenden Legionären. Ähnliches ist bei dem Szenario zu befürchten, das sich auf dem Sportplatz hinter der Osthalle in Kornwestheim (Kreis Ludwigsburg) abspielt: Zwei Gruppen junger, eigentümlich bewaffneter Leute stürmen einander entgegen. Zu rhythmischen Trommelschlägen schwingen sie Waffen, die wie Morgensterne, Lanzen und Schwerter aussehen. Mitten im Trubel: Daniel Joppien, ein 28-jähriger Jugend- und Heimerzieher, und Thomas Sax, ein 38-jähriger Diplompädagoge. Sie werfen sich mit Verve in den Kampf.

 

Doch der befürchtete Zusammenstoß bleibt aus. „Beim Jugger geht’s nicht ums Niederkloppen, sondern nur ums Treffen“, erklärt Daniel Joppien. „Alles, was mit unnötigem Kraftaufwand zu tun hat, schränkt die Beweglichkeit ein“, ergänzt Tomas Sax. Es zählt nicht, wer der Stärkere ist. Gefragt sind Geschick, Geschwindigkeit, Strategie, Konzentration, Fitness und Fairness.

Alles ist gut gepolstert

Die archaisch anmutenden Waffen mit der lautmalerischen Bezeichnung Pompfen bestehen aus leichten Carbonrohren und reichlich Schaumstoff-Ummantelung. Sie sind die Mittel zu einem einzigen Zweck: demjenigen der je fünf Teamspieler den Weg frei zu halten, der den Spielball – den Jug – in die gegnerische Punktzone – das Mal – bringen muss.

Die anderen duellieren sich derweil schnaufend mit Lang- oder Kurzpompfe, Stab, Q-Tip, Rundschild oder Kette – was längst nicht so martialisch ist, wie es klingt. Auf dem Platz wird viel gelacht. „Das merkt man, wenn man es einmal ausprobiert hat und spürt, dass es nicht wehtut. Es ist ja alles gepolstert“, sagt Daniel Joppien. Zwar kann ein ungeschickt parierter Hieb schon mal etwas schmerzhaft sein, „aber wer unnötige Härte an den Tag legt, wird disqualifiziert“.

Wird ein Spieler von einer Pompfe berührt, muss er fünf Trommelschläge lang niederknien. Je mehr Spieler kurzzeitig außer Gefecht sind, desto größer ist die Chance des Läufers, mit dem Jug durchzukommen und den Punkt zu ergattern. „Dabei gibt es lustige Duell-Konstellationen, die total Spaß machen“, sagt Thomas Sax.

Die Inspiration kam aus einem Endzeitfilm

Entwickelt wurde die Sportart in den 90er Jahren. „Auch wenn’s so aussieht: Es hat nichts mit Mittelalter oder mit Wikingern zu tun“, klärt Daniel Joppien auf. Die Inspiration kam aus dem Endzeitfilm „Die Jugger – Kampf der Besten“. Was in Deutschland seinen Ausgang nahm – seit 15 Jahren gibt es einen Liga-Betrieb, und am kommenden Wochenende treffen die besten Teams in Rethwisch bei Bad Oldesloe bei der bereits 21. Deutschen Meisterschaft aufeinander –, wird inzwischen auch in Irland, Spanien, Dänemark oder Australien gespielt.

In Kornwestheim findet das Training im Rahmen einer AG an der Theodor-Heuss-Realschule statt. „Das Coole daran ist das Teamgefühl“, beschreiben die Schüler Lisa Rüffel, Marco Till und Anton Meisetschläger, warum ihnen ohne Jugger etwas fehlt. „Man spielt zusammen, egal wie dick, dünn, jung oder alt man ist.“ Und ein bisschen Dampf ablassen könne man auch mal.

Auch wenn in Kornwestheim vor allem junges Volk trainiert: „Wenn man fit genug ist, kann man Jugger im Prinzip bis ins Alter spielen“, sagt Daniel Joppien. „Danach geht man jedenfalls immer ausgepowert und glücklich nach Hause.“