Sophie Hunger macht bei ihrem Stuttgarter Konzert im Wizemann gerade nicht das, was man erwartet. Genau deshalb ist der Auftritt der Schweizerin ein Erlebnis.

Stuttgart - Dass sie ihr Konzert a capella und in Schweizerdeutsch eröffnet, ist schon mutig. Mittlerweile kann sich die Sängerin und Songschreiberin Sophie Hunger so etwas leisten. Sie tritt inzwischen über die Grenzen Europas hinaus und betritt Weltbühnen. Aber auch schon zuvor, etwa bei ihrem Auftritt im Theaterhaus vor ein paar Jahren, hatte sie das so gehalten. Ein paar Worte verliert sie darüber darüber im Rückblick, und einen kleinen Kurs in Schwyzerdütsch gibt sie auch noch. Dass beispielsweise „nüt“ nichts bedeute und „Dogder“ dem deutschen „Arzt“ entspreche.

 

Nun ja, sie ist halt immer ein bisschen schräger und anders als die anderen. Genau das mag ihr diesen Ruf eingetragen haben als ein riesiges Talent, was sie inzwischen bis hin zu ihrer CD „Supermoon“ weiterentwickelt hat. Elektrischer und etwas härter sind ihre Songs geworden. Aber diese überbordende Fantasie, die sowohl textlich als auch musikalisch in ihnen steckt, ist geblieben. Sie singt den Song „Love is not the Answer to everything“ mit der gleichlautenden Refrainzeile und entspricht damit eben gerade nicht den Erwartungen des Showgeschäfts.

Sie singt abwechselnd und sehr selbstverständlich auf Schwyzerdütsch, Deutsch, Französisch und Englisch, was auch ihrer Herkunft als Diplomatentochter geschuldet sein mag. Sie singt im Song „Die ganze Welt“ auch „Ich übe Haltung im Garten mit arbeitslosen Akrobaten“ oder „Ich bin ein Messgerät“, und im Lied „Das Neue“ tönt sie mit ihrer vom naiv Mädchenhaften oft ins fraulich Reife und sogar Scharfe fallenden Stimme „Der Mann ist die neue Frau“ und „Freiheit ist das neue Gefängnis“. Haha. Ein wenig zu selbstverliebt klingt es gelegentlich schon auch.

Schon auch schräge Klangsplitter

Für die Tournee rund um ihr gegenwärtiges Album „Supermoon“ hat sie eine vierköpfige Band, deren Gitarrist schon mal recht schräge Klangsplitter ins Geschehen schickt. Und der Schlagzeuger nimmt oft die raschelnden Besen zur Hand, wozu der Keyboarder ein sehr hörenswertes Horn dazu bläst. Leicht esoterisches Gefärbtes wechselt sich mit Punkartigem, seltsamem Alpengroove, Kammerjazz und Volksliedhaftem ab. Sie lässt durchweg ihre Fantasie spielen und schafft auf diese Weise Songs, die mit einprägsam verschnörkelten Melodien gegen den Strom schwimmen und originell das Eigene betonen.

Im Lied „Spaghetti und Spinat“ gehe es, wie sie sagt, um die „Erniedrigung von schönen Menschen“, wobei der Schalk aus ihren Zeilen lugt. Mal anders. Gerade nicht so, wie erwartet. Genau das gefällt an ihr, das macht das Konzert zu einem Erlebnis – und das wird Sophie Hunger auch im internationalen Rahmen noch weit voran bringen.