Rund 500 Unterschriften hat ein Wangener Bürger dagegen gesammelt, dass aus dem Hotel Rössle ein Sozialhotel für 15 psychisch kranke Obdachlose wird. Das Projekt füllt eine Lücke.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Das Hotel Rössle ist in Wangen beliebt gewesen. Seien es die Bezirksbeiratsmitglieder nach der Sitzung oder Sportgruppen: „Man traf sich im Anschluss noch im Rössle“, sagt die Bezirksvorsteherin Beate Dietrich. Und sie fügt an: „Das Rössle fehlt als Institution.“ Das Restaurant ist bereits geschlossen, am Sonntag verlassen die letzten Hotelgäste das Haus an der Ulmer Straße, das eine neue Bestimmung bekommt. Am Montag übergibt die Familie Dikkatli die Schlüssel für das Hotel Rössle an die Ambulante Hilfe.

 

Schwierige Zielgruppe ohne Krankheitseinsicht

Der Trägerverein wird in dem Gebäude an der Ulmer Straße ein Sozialhotel für psychisch kranke Menschen aus der Obdachlosenszene einrichten. Ziel sei es, dass im September oder Oktober die ersten Personen einziehen können, so die Sozialarbeiterin Iris Schüle, die das Konzept mit entwickelt hat. „Es ist schon länger bekannt, dass wir in Stuttgart solch ein Angebot brauchen“, erklärt die Mitarbeiterin der Ambulanten Hilfe.

Die Zielgruppe seien psychisch Kranke, die keine Krankheitseinsicht hätten und vom normalen Wohnungslosenhilfesystem nicht erreicht würden beziehungsweise ihre Plätze wegen der Erkrankung verlören. In großen Einrichtungen lasse sich dieser schwierige Personenkreis schwer integrieren, erklärt Iris Schüle. Im „Hotel Plus“ hingegen sollen nur 15 Personen unterkommen. Das Ziel sei, die Menschen zu stabilisieren, um sie später weiter zu vermitteln. Kooperationen mit dem Klinikum und mit dem sozialpsychiatrischen Dienst sollen geschlossen werden – hier sei man noch in der Absprache.

Das Vorhaben „Hotel Plus“ hat für Unruhe im Stadtbezirk gesorgt. Rund 500 Bürger haben bis Mittwoch versucht, mit ihren Unterschriften den Verlust des Lokals zu verhindern. Eine Liste mit 468 Namen wurde bereits an den Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) übermittelt. „Wir wollten, dass das Rössle als offenes Lokal erhalten bleibt, das ist uns nicht gelungen“, sagt der Initiator der Unterschriftenaktion, Hermann Zondler. Er kritisiert, dass der Bezirksbeirat erst sehr spät über den Verkauf informiert wurde. „Man ist vor vollendete Tatsachen gestellt worden“, erregt sich Zondler, der vier Beschwerdebriefe an den OB geschickt hat.

Sozialbürgermeisterin hält Standort für gut geeignet

Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) kann zwar verstehen, dass sich die Bürger mehr Transparenz gewünscht hätten. Die Verwaltung habe den Bezirksbeirat aber nicht früher informieren können als zwei Tage vor Vertragsabschluss, da der Verkäufer nicht wollte, dass die Verkaufsabsicht vorher öffentlich wird. Außerdem stellt Isabel Fezer klar, dass sie das „Hotel Plus“ als sehr wichtig ansieht: „Wir brauchen dieses Angebot und sind froh, dass es dieses Gebäude gibt.“ Den Standort halte die Stadt für gut geeignet. „Das ist an dieser Stelle sozial verträglich machbar“, sagt Fezer, auch wenn es bedauerlich sei, dass das Rössle als Bürgertreffpunkt wegfalle.

Die Ambulante Hilfe hat vor, einen Tag der offenen Tür zu veranstalten, auch um Ängste abzubauen. Denn einige Bürger fürchten, dass das soziale Gefüge in Wangen kippen könnte. Diese Ängste seien unbegründet, sagt Iris Schüle. In Bad Cannstatt hätten sie schon einmal ein Sozialhotel für Obdachlose betrieben, dort habe es nie Probleme gegeben. Ähnliches gelte für eine Einrichtung im Stuttgarter Westen. Das Hotel Plus werde mit vier Mitarbeitern „hervorragend personell ausgestattet“ sein, ein Wachdienst sei zudem am Wochenende und nachts vor Ort. Ihrer Erfahrung nach beruhigt sich die Lage, wenn die Projekte erst einmal gestartet sind.

Alte Eigentümer wollen in der Branche bleiben

Die Familie Dikkatli erklärt den Verkauf des Hotels damit, dass sie sich vergrößern wollten, was aber an dem Standort nicht möglich gewesen sei. Man bleibe in der Branche, so Yavuz Dikkatli.