In Berlin fällt der Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon wenig auf. Die Regionalverbände sind unzufrieden. Eine weitere Amtszeit erscheint fraglich.

Berlin - Georg Fahrenschon zählte immer zu den Jüngsten. Als er im Jahr 2002 in den Bundestag kam, war er gerade 34 Jahre alt. Der CSU-Abgeordnete fing als junger Abgeordneter im begehrten Finanzausschuss an. 2007 holte ihn die CSU-Führung nach München: Er wurde erst Finanzstaatssekretär und schon ein Jahr später bayerischer Finanzminister: Seine wichtigste Aufgabe bestand darin, die kriselnde Bayerische Landesbank zu sanieren. Als Landesminister wurde Fahrenschon auch für höhere Aufgaben gehandelt. In den Medien wurde spekuliert, er habe das Zeug zum Bundesfinanzminister. Als im Jahr 2011 Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zurücktrat, wollte CSU-Chef Seehofer im Zuge des Revirements seinen Kassenwart als Minister nach Berlin entsenden. Doch Fahrenschon lehnte aus familiären Gründen ab. Seit 2012 ist er der deutsche Sparkassenpräsident. Er folgte als Chef des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) dem Baden-Württemberger Heinrich Haasis nach, der während der Finanzkrise eng mit der Politik zusammenarbeitete und sich viel Respekt erworben hat.

 

Es werden Zweifel laut, ob der Münchner den Aufgaben gewachsen ist

Fahrenschon ist stets viel zugetraut worden: Mit 48 Jahren übt er nun eines der einflussreichsten und lukrativsten Ämter aus, die die Sparkassen zu vergeben haben. Doch sein steiler Aufstieg ist kein Selbstläufer. In der Organisation werden Zweifel laut, ob der Münchner den Aufgaben gewachsen ist. Anzeichen für eine Entfremdung sind nicht zu übersehen. Manche legen es Fahrenschon als Nachteil aus, dass er in der Sparkassenorganisation nicht groß geworden ist. Doch auch einige seiner Vorgänger kamen von außen. Der frühere Sparkassenpräsident Horst Köhler war zuvor als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium tätig. Die Sparkassen sind eng mit der Politik verknüpft und rekrutieren ihre Verbandschefs schon immer aus Parlamenten und Ministerien.

Bei den Sparkassen hat es zwar Tradition, dass die selbstbewussten Regionalverbände und Landesbanken den Dachverband in Berlin spüren lassen, wer die Macht ausübt, ungewöhnlich ist aber, wie schnell der Ruf des Hoffnungsträgers verblasst ist. Der Vorwurf ist zu hören, Fahrenschon sei zu wenig in den Themen drin. Ein Sparkassenmann sagt, Fahrenschon agiere noch immer wie ein Politiker: Er könne zwar zu vielen Dingen etwas sagen, es fehle mitunter aber der Tiefgang. Mit eigenen Äußerungen trägt er zum Eindruck bei, dass seine Stellung alles andere als gefestigt erscheint. Vor einigen Tagen signalisierte er in einem Interview mit dem „Handelsblatt“, dass er für eine zweite Amtszeit zur Verfügung steht. Er wolle erneut kandidieren, kündigte Fahrenschon an. Dabei läuft sein Vertrag erst 2018 aus, frühestens im nächsten Jahr stellt sich die Frage, wie es an der Spitze weitergeht. „Das verrät Unsicherheit“, sagt einer, der die Sparkassenorganisation gut kennt. Für einen erfolgreichen Sparkassenpräsidenten in mittleren Jahren wäre eine zweite Amtszeit eine Selbstverständlichkeit. Doch inzwischen ist das nicht mehr ausgemacht.

Verhältnis zu Schäuble gilt als angespannt

Der DSGV-Präsident steht unter Druck. Im Berliner Politikbetrieb ist er in den vergangenen vier Jahren wenig aufgefallen. Der Bayer profilierte sich zwar als lautstarker Kritiker der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank. „Die Überversorgung mit Liquidität ist ein Treiber für die nächste Krise“, sagt Fahrenschon. Seit Jahren rügt er die Enteignung der Sparer. Damit spricht er den Sparkassenvorständen aus dem Herzen, deren Zinsmargen wegen der Niedrigzinspolitik sinken. Aber mit Kritik allein verschafft man sich in Berlin kein Ansehen. Das Verhältnis zu Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gilt jedenfalls als gespannt. Schäuble missfiel, dass die Sparkassen in einem frühen Stadium gegen eine gemeinsame europäische Einlagensicherung mobilmachten. In der Sache bremst auch Schäuble die Brüsseler Bemühungen, er hält aber nichts von Kampagnen.

Unzufrieden sind auch die Regionalverbände. Aus ihren Reihen wird Kritik laut, wonach der DSGV-Präsident viele Aufgaben einfach liegen lasse. Gemeinsame Vorhaben kommen jedenfalls nur schleppend voran. In einigen Fällen entschieden sich die regionalen Sparkassenverbände dafür, neue Projekte ohne den DSGV umzusetzen. Ins Hintertreffen gerieten die Sparkassen auch bei der Umsetzung der Internetstrategie. Die deutsche Kreditwirtschaft hat sich schon vor einiger Zeit darauf verständigt, mit dem Gemeinschaftsprojekt Paydirekt beim Online-Bezahlen Anschluss zu finden. Damit wollen die deutschen Banken und Sparkassen eine Alternative zu Paypal bieten. Mit Paydirekt sollen Kunden sicher und unkompliziert Zahlungen von ihrem Konto ausführen können, um Interneteinkäufe zu bezahlen. Während Institute wie die Deutsche Bank das System ihren Kunden seit einiger Zeit anbieten, gehen die Sparkassen mit Verzögerungen an den Start. Sie wollen von April an Paydirekt freischalten.

Fahrenschon weiß, dass er bei der Umsetzung der Digitalstrategie aufs Tempo drücken muss. Dafür baute er auch die DSGV-Führung um und ersetzte einen früheren Vorstand durch das neue geschäftsführende Vorstandsmitglied Joachim Schmalzl, der von der Sparkasse Köln-Bonn kommt. Schmalzl trat sein Amt Anfang März an. Mit der Personalentscheidung will Fahrenschon seine Digitalstrategie voranbringen. Die Sparkassen erwarten, dass der DSGV-Präsident endlich liefert.