Die Deutsche Bahn hat bereits neue Sparpläne in der Schublade. Eine „Anpassung der Werkelandschaft“ sei „unausweichlich“, heißt es. Bahnchef Rüdiger Grube bekommt dafür scharfen Gegenwind.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Der Protestaktion an diesem Freitag vor dem Bahntower am Potsdamer Platz in Berlin könnten bald weitere folgen. Die Deutsche Bahn will nicht nur das traditionsreiche Betriebswerk in Eberswalde (Brandenburg) schließen, sondern bundesweit weitere Standorte aufgeben. Das belegen interne Unterlagen zum Sanierungskonzept „Zukunft Bahn“, die der Stuttgarter Zeitung vorliegen. Eine „Anpassung der Werkelandschaft“ sei „unausweichlich“, heißt es in dem Bericht, über den kommenden Mittwoch der DB-Aufsichtsrat entscheiden soll. Die Bahn erwartet wie berichtet in diesem Jahr einen Milliardenverlust vor allem wegen hoher Abschreibungen im Güterverkehr. Massive Einschnitte sollen die Kosten senken. Doch DB-Chef Rüdiger Grube stößt mit den Plänen auf heftigen Widerstand.

 

Bereits im Herbst 2014 hatte der Konzernvorstand die komplette Schließung der Reparaturwerke in Eberswalde (Brandenburg) und Zwickau (Sachsen) beschlossen. Doch die Proteste von Betriebsrat, Gewerkschaft und Politikern haben die Streichung der verbliebenen 400 Stellen bisher verhindert. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) forderte unlängst sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel mit einem Brandbrief auf, den größten Staatskonzern zum Einlenken zu bewegen.

Proteste haben Streichung von 400 Stellen verhindert

Die Politik ist inzwischen alarmiert. Am Freitag findet im Bahntower ein weiteres Krisentreffen statt. Grube empfängt Brandenburgs Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD), Landrat Bodo Ihrke (SPD) und Eberwaldes Bürgermeister Friedhelm Boginski (FDP) sowie den Betriebsratschef des Werks, Ulf Boehnke. Die Delegation will erreichen, dass der Konzern auf die Schließung verzichtet und das Werk an einen Investor aus der Region übergibt. Die Deutsche Eisenbahn Service AG (DESAG) möchte die Anlage weiterführen. Doch die DB habe auf sein Angebot nicht reagiert, klagt Desag-Chef Thomas Becken.

In Eberswalde werden seit 1878 Züge repariert. Die Kreisstadt gilt als strukturschwach, nach dem Mauerfall brachen große Arbeitgeber zusammen, die Einwohnerzahl schrumpfte um ein Viertel auf 40 000. Das Werk gehört zur DB Fahrzeuginstandhaltung (DB FZI), die bereits mehrfach umstrukturiert wurde und noch 13 Standorte in Deutschland hat, darunter München, Nürnberg, Fulda, Kassel und Krefeld sowie mehrere ostdeutsche Ableger.

Weitere Anpassungen bei der DB FZI seien „erforderlich“ und Detailkonzepte „noch auszugestalten“, heißt es in den internen DB-Papieren. Begründet werden die Kürzungspläne mit bereits geringer Auslastung der Werke und weiter sinkendem Instandhaltungsbedarf. So werde die Zahl der Arbeitsstunden in allen Werken von 2015 bis 2020 von 17,9 auf 16,3 Millionen sinken und die Auslastung ohne Anpassung von 55 auf nur noch 45 Prozent fallen. Eine Überprüfung sei unvermeidlich, um einen weiteren Anstieg der Fixkosten zu vermeiden. Bereits zwischen 2011 und 2015 sei das Arbeitsvolumen um fast ein Achtel gesunken, heißt es weiter.

Auch bei DB Schenker Rail stehen Einsparungen an

Neben der DB FZI will der Staatskonzern in drei weiteren Geschäftsfeldern durchgreifen. Bei der defizitären Güterbahn DB Schenker Rail sehe ein „dreistufiger Plan“ eine weitere Werkskonsolidierung vor. Seit 2011 seien bereits sieben Standorte geschlossen und drei weitere „redimensioniert“ worden, heißt es in den DB-Papieren, die unter Beteiligung von Beratern des US-Unternehmens McKinsey erstellt wurden. Die Eisenbahnverkehrsgewerkschaft (EVG) befürchtet, dass allein bei DB Schenker Rail bis zu 5000 der noch 31 000 Stellen gestrichen werden könnten. Auch die Zentrale in Mainz galt bereits als gefährdet. DB-Vorstand Berthold Huber habe aber inzwischen bei einer Betriebsversammlung zumindest den Erhalt des Standorts zugesichert, heißt es beim Betriebsrat.

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft, deren Vorsitzender Alexander Kirchner stellvertretender Chef des DB-Aufsichtsrats ist, fordert die Rücknahme der Beschlüsse. Zumal mindestens drei weiteren Werke mittelfristig das Aus drohen könnte, wie die EVG bereits voriges Jahr warnte. Demnach könnten auch die Standorte in Senftenberg (Brandenburg), Magdeburg (Sachsen-Anhalt) und Osnabrück (Niedersachsen) aufgegeben und die Reparaturen allein im Werk Paderborn konzentriert werden. Zudem gebe es DB-Pläne, mehr Wartungen kostengünstig im benachbarten Polen zu erledigen.