Der Luft- und Raumfahrtkonzern EADS verkleinert die Belegschaft in den Sparten Rüstung und Raumfahrt. Besonders betroffen sind Standorte in Deutschland.

München - Der Luft- und Raumfahrtkonzern EADS streicht Tausende von Arbeitsplätzen und präsentiert seinen 144 000 Beschäftigten damit kurz vor Weihnachten eine Hiobsbotschaft. 5800 Stellen wird der Konzern europaweit bis Ende 2016 abbauen, darunter 1300 Leiharbeiter. Deutsche Standorte tragen mit 2600 Arbeitsplätzen die Hauptlast. Die Zentrale der EADS-Rüstungstochter Cassidian in Unterschleißheim bei München wird geschlossen und nach Ottobrunn, ebenfalls vor den Toren Münchens, verlagert. 1500 der 5800 betroffenen Mitarbeiter will EADS möglichst in den gut laufenden Geschäftsbereichen Passagierflugzeuge (Airbus) und Hubschrauber (Eurocopter) unterbringen. Damit bliebe netto ein Abbau von 4300 Stellen europaweit, der größtenteils sozialverträglich vollzogen werden soll. Für 1000 bis 1450 Arbeitsplätze seien betriebsbedingte Kündigungen nach Lage der Dinge unvermeidlich, sagte ein Konzernsprecher. Das wollen die Gewerkschaften und Betriebsräte auf alle Fälle verhindern.

 

Kündigungen seien keine Option, betonte EADS-Gesamtbetriebsrat Rüdiger Lütjen. Bei den Gewinnen, die der Konzern erreiche, sei es niemandem vermittelbar, Mitarbeiter vor die Tür zu setzen. „Wir müssen unsere Wettbewerbsfähigkeit im Verteidigungs- und Raumfahrtgeschäft steigern und wir müssen damit jetzt beginnen“, meinte dagegen Konzernchef Tom Enders. Traditionelle Verteidigungsmärkte in Europa schrumpften. Chancen, auf noch wachsenden außereuropäischen Märkten wettbewerbsfähig anbieten zu können, habe EADS nur, wenn die Kosten gesenkt würden. Enders peilt eine Verdoppelung der operativen Umsatzrendite auf zehn Prozent an. Wenn man hochqualifizierte Mitarbeiter verliert, steige die Wettbewerbsfähigkeit nicht, sondern man mindere sie auf Sicht, kontert Lütjen und kündigte harte Debatten mit dem Management an.

Vom Abbau entfallen 500 Stellen auf zentrale Konzernfunktionen, der große Rest auf Cassidian, die Raumfahrttochter Astrium und den Militärairbus. Neben Unterschleißheim wird auch ein Standort in Paris geschlossen. Ottobrunn erhält die fusionierte Zentrale von Cassidian und Astrium. Der Bereich wird 2014 zudem durch den Militärairbus angereichert und in Airbus Space & Defence umbenannt. Unter dem Strich ist Frankreich mit 1700 Arbeitsplätzen betroffen, Großbritannien mit 700 und Spanien mit 600 Jobs. 200 Stellen werden außerhalb Europas gestrichen. Insgesamt sind in den vom Radikalumbau betroffenen Sparten heute europaweit noch rund 45 000 Mitarbeiter beschäftigt, ein Drittel der EADS-Gesamtbelegschaft. Eine Vorwärtsstrategie, bei der EADS mit dem britischen Rüstungsriesen Bae Systems verschmolzen werden sollte, um besser an Rüstungsaufträge außerhalb Europas zu kommen, war 2012 vor allem an der Bundesregierung gescheitert. Bei einem Zusammengehen wären mutmaßlich weniger Stellen gestrichen worden.

Größter Konzernumbau seit der Gründung

Während das zivile Geschäft mit Airbus-Passagierflugzeugen boomt, bleiben neue Rüstungsaufträge Mangelware und bei bestehenden Projekten wie dem Kampfjet Eurofighter streichen Europas Streitkräfte ihre Bestellungen unter dem Druck leerer Haushaltskassen immer mehr zusammen. Die betroffenen EADS-Rüstungsbereiche sind in Bayern konzentriert, das als Zentrum militärischer Luftfahrt gilt. In Norddeutschland arbeiten dagegen vorwiegend die gut laufenden Airbus-Standorte, speziell in Bremen auch Teile von Astrium und Cassidian. Die Astrium-Zentrale residiert bisher in Frankreich, der Militär-Airbus in Spanien.

Enders Pläne bedeuten den größten Umbau der EADS seit ihrer Gründung vor 13 Jahren. Experten, Gewerkschafter und Betriebsräte warnen, dass Deutschland bei einem zu harten Sparkurs die technologische Fähigkeit zum Bau von Militärjets verlieren und die zum Bau unbemannter Flugkörper erst gar nicht gewinnen könnte. Dann müsste solches Kriegsgerät, dem die Zukunft gehört, zum einen bei ausländischen Anbietern bestellt werden. Zum anderen gehen technologische Abstrahleffekte des militärischen Flugzeugbaus für Passagierflugzeuge verloren und müssten dort künftig eigens entwickelt werden.