Kultusminister Andreas Stoch bekommt Lob von ungewohnter Seite – und Querschüsse seiner Freunde. Denn Stoch will Schmiedels Vorschlag, den Modellversuch zum neunjährigen Gymnasium zu öffnen, nicht folgen.

Stuttgart - Der SPD-Kultusminister hat am Donnerstag einige Überraschungen erlebt. Sein eigener Fraktionsvorsitzender Claus Schmiedel hat Andreas Stoch mit der erneuten Forderung aus dem Konzept gebracht, den Modellversuch zum neunjährigen Gymnasium zu öffnen. Dem Vorschlag wird Stoch nicht folgen. Zumindest nicht in dieser Legislaturperiode. Dafür erhielt der Minister Lob von bisher ungewohnter Seite. Dass Margarete Schaefer, die Vorsitzende des Berufsschullehrerverbandes den Kultusminister persönlich gelobt hat, und das vor 170 Besuchern des Bildungskongresses des Landkreistages, das ging Stoch doch runter wie Öl.

 

Grund für das Lob ist die Ankündigung, dass trotz der Streichung von 1000 Stellen im kommenden Schuljahr die Gymnasien und die beruflichen Schulen mehr Lehrer einstellen können als im aktuellen Schuljahr. Die beiden Schularten profitieren von der schwindenden Anzahl von Hauptschulen. Aus diesem Bereich werden 500 Stellen umgeschichtet. „Wir können die Lehrereinstellung flexibler gestalten und damit der schwierigen Situation insbesondere bei Gymnasien und beruflichen Schulen Rechnung tragen“, erklärte der Minister. Damit könne das Ministerium „die vielen Befürchtungen aus den vergangenen Wochen entkräften“. Wegen der hohen Zahl von Teilzeitstellen ist damit zu rechnen, dass die Gymnasien 420 Lehrer zusätzlich einstellen können und die beruflichen Schulen 550 Personen mehr im Lehrkörper haben werden.

„Das verdient Anerkennung“

„Endlich bleibt es nicht bei reinen Lippenbekenntnissen zur Bedeutung der beruflichen Bildung“, lobte Margarete Schaefer. Stoch habe mit den neuen Einstellungskorridoren „ausgesprochen flexibel auf veränderte Schülerströme reagiert. Das verdient Anerkennung“. Gleichzeitig kritisierte Schaefer, die Statistiker hätten die Schülerströme bisher „völlig falsch eingeschätzt“. Nun werde sich die Unterrichtsversorgung an beruflichen Schulen verbessern. Man komme ein gutes Stück näher dahin, den Pflichtunterricht vollständig abzudecken. Bei dem Kongress in Leinfelden-Echterdingen war bereits gewürdigt worden, dass Stoch sich zu einem leistungsfähigen beruflichen Schulwesen bekannt hatte und das strukturelle Unterrichtsdefizit auf 2,6 Prozent gesunken sei. Dennoch wiederholte Peter Kulitz, der Präsident des Industrie- und Handelskammertages, die Forderung, jährlich 400 zusätzliche Lehrer an beruflichen Schulen einzustellen.

Zwiespältig reagierte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Deren Landesvorsitzende Doro Moritz nannte die Einstellungszahlen zwar „insgesamt erfreulich“, doch dürfe dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass in diesem Jahr erstmals seit langer Zeit 1000 Lehrerstellen gestrichen würden. Nach wie vor gebe es keine Ressourcen für den Ausbau von Ganztagsschulen, die Umsetzung der Inklusion und bessere Förderung an den Grundschulen. Es sei nicht zu erklären, warum „für die vollen Klassenzimmer in den Realschulen und für die Sonderschulen mit dem höchsten strukturellen Unterrichtsdefizit“ weniger Lehrer eingestellt würden.

Indes hat sich eine Einigungsstelle aus Mitgliedern des Kultusministeriums und des Hauptpersonalrats gegen die Kürzung von Stellen im sogenannten Anrechnungsbereich ausgesprochen. Darunter fällt beispielsweise die Organisation der Hausaufgabenhilfe an Gymnasien. Die Einigungsstelle empfiehlt dem Ministerium, auf die Streichungen zu verzichten. Das wertet der Philologenverband als Organisation der Gymnasiallehrer als einen „ersten Erfolg“. Allerdings ist das Ministerium an die Empfehlung nicht gebunden.