Die SPD will bei der Truppenreform nachsteuern. Die Union setzt auf Blockade. Und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hält mit ihren Absichten hinter dem Berg.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Für Innenminister Thomas de Maizière (CDU) waren das ein paar schwarze Tage in rascher Folge. Zuerst wird sein Vorstoß für eine Neuregelung des Abschusses eines Terrorflugzeugs von der Kanzlerin und ihrem Vize sang- und klanglos gekippt. Die große Koalition beerdigt seinen Vorschlag, den Befehl zum Abschuss eines gekaperten Flugzeugs im Notfall allein in die Hand des amtierenden Verteidigungsministers zu legen ohne jedes Federlesen und nur 24 Stunden, nachdem er öffentlich geworden ist. Dann biegen wenig später auch noch die Verteidigungspolitiker der SPD um die Ecke und demonstrieren, dass sie de Maizières in der vergangenen Legislaturperiode verabschiedete Bundeswehrreform mitnichten für sakrosankt erachten. Das wird den früheren Verteidigungs- und jetzigen Innenminister schmerzen, der seinen alten Posten sowieso lieber selbst behalten hätte, als ihn an seine Nachfolgerin Ursula von der Leyen abzutreten.

 

Doch schon allein durch die Tatsache, dass im Bendler-Block eine neue Ministerin ans Ruder gekommen ist, sind die Spielräume für Korrekturen an der Neuausrichtung der Bundeswehr größer geworden. Ursula von der Leyen ist viel freier, neue Akzente zu setzen, als ihr Vorgänger es je gewesen wäre. Der Spielraum besteht, obwohl Union und SPD nicht nur während des Wahlkampfs und während der Koalitionsverhandlungen einig gewesen sind, dass es eine „Reform der Reform“ nicht geben soll. Das hat der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück im Wahlkampf gesagt, das betonten de Maizière und der jetzige Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), als sie den außen- und verteidigungspolitischen Teil des Koalitionsvertrags aushandelten, das vertritt als Credo Ursula von der Leyen als neue Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt.

Eine neue Rosskur für die Truppe will niemand

Und das sehen auch die Verteidigungspolitiker der SPD nicht anders. Weder die Christ- noch die Sozialdemokraten wollen die Truppe durch eine neue Rosskur aufwühlen, weil die Bundeswehr jetzt schon seit 15 Jahren von Reform zu Reform gejagt worden ist. Dass die Soldaten an dieser Front eine Pause brauchen, ist unumstritten. Die SPD-Politiker rütteln mit ihren Vorschlägen, einige Standortentscheidungen von Altenstadt über Donaueschingen und Ulm bis zu Hannover und Kusel noch einmal zu überprüfen, deshalb auch nicht am großen Ganzen.

Am originellsten ist ihr Vorstoß, die von de Maizière mühsam ausgehandelte Reduzierung bei der Beschaffung von Hubschraubern rückgängig zu machen und die 40 NH 90-Hubschrauber, die dann zusätzlich zur Verfügung stehen, multinational als drittes Transporthubschrauber-Regiment des Heeres gemeinsam mit anderen Nationen zu betreiben. Das wäre ein großer Schritt in Richtung militärische Arbeitsteilung, die in der EU und der Nato seit langem beschworen, aber kaum praktiziert wird. Allerdings sind die Realisierungschancen für dieses Projekt gering.

„Das ist mit der Union nicht zu machen“

Mit ihrem Papier hat die SPD ziemlichen Wirbel ausgelöst. Ihre Kollegen von der Union reagierten ausgesprochen konsterniert, obwohl die Arbeitsgruppen vereinbart hatten, im April über dieses Thema zu beraten. Gleichwohl brachte der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Henning Otte, gleichsam die Panzersperren gegen den Vorstoß der SPD in Stellung. „Das ist mit der CDU/CSU-Fraktion nicht zu machen“, erklärte er. „Die SPD schwächt mit ihren Forderungen die Bundeswehr, die Sicherheit Deutschlands und des Bündnisses auf dem Rücken der Soldatinnen und Soldaten.“

Ob Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen einige der SPD-Ideen aufgreifen wird, ist völlig offen. Diskutiert hat sie die Vorschläge bereits mit den Verteidigungspolitikern. Aber sie lässt sich fürs Erste nicht in die Karten schauen. „Wir haben das Papier zur Kenntnis genommen“, sagte eine Sprecherin. „Mehr gibt es dazu im Moment nicht zu sagen.“ Einzelheiten könnten noch einmal betrachtet werden. „Aber zu den umfangreichen Äußerungen in dem Papier steht das in keiner Verbindung.“