Wenn Bits und Bytes in der Internet-Cloud entschwinden, dann geht es beileibe nicht luftig zu. Sie landen in immer größeren und immer mehr zentralisierten, riesigen Datenzentren.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - C

 

loud heißt Wolke – aber so luftig geht es keineswegs zu, wenn unsere Daten vermeintlich in der höheren Sphäre des Internet verschwinden. Auch im Zeitalter des „Cloud Computings“, also dem „Rechnen in der Wolke“, verschwinden Daten nicht im Nirgendwo. Sie verlagern sich lediglich aus den Rechnern der Anwender in die großen Datenzentren spezialisierter Unternehmen. Und diese Megaspeicher des Internetzeitalters sind auch im 21. Jahrhundert wahre Datenverarbeitungskraftwerke. In diesen Zentralen geht es nie nur um das Speichern von Daten allein – aber auch das ist weiterhin ein wichtiger Teil ihrer Aufgabe.

In Ehningen bei Böblingen hat beispielsweise der IT-Riese IBM im Frühjahr 2013 eines der größten Cloud-Rechenzentren auf dem Kontinent eröffnet. Von hier aus werden Kunden in Europa, Afrika und dem Nahen Osten bedient. Genaue Leistungsdaten über den Standort gibt es nicht. Rechenzentren werden so eifersüchtig gehütet wie ein Hochsicherheitstrakt. Jede Unterbrechung des Betriebs und jede Sabotage hätte erhebliche Folgen.

In solchen Zentren können Zehntausende von grauen Schränken, mit blinkenden Überwachungslampen versammelt sein. Aus Sicherheitsgründen und wegen des Brandschutzes sind sie in zahllose, voneinander abgeschottete Sektionen unterteilt. Einige Anbieter setzen heute auf fertig mit Rechnern und Datenschränken ausgestattete Container, die flexibel aufeinander gestapelt werden können. In einigen Sektoren stehen Server und Rechner, die der Datenverarbeitung dienen, in den anderen Abschnitten befinden sich die eigentlichen Datenspeicher.

Speicherplatz wie 30 Milliarden Disketten

Und dort stehen sie meist gleich reihenweise, die großen Verwandten der Speicherdiskette. Bis zu 1536 Festplatten sind beispielsweise in einem aktuell angebotenen Datenschrank von IBM eingebaut. Wenn man die einzelnen Festplatten herausnimmt, dann könnten sie dem Nutzer eines PCs oder eines Notebooks durchaus vertraut vorkommen. Auch PC gibt es heute mit einem Speicherplatz von 1000 bis 2000 Gigabyte. Doch die Kapazität eines einzigen dieser Speicherschränke kann sich auf bis zu drei Petabyte summieren. Ein Petabyte ist eine Billiarde Byte, eine Zahl mit 15 Nullen – etwa tausendmal mehr als bei einem Standard-PC. Und da in einem Rechenzentrum hunderte solcher Datenspeicher stehen können, landet man bei der gesamten Speicherkapazität schnell bei Exabytes – einer Zahl mit 18 Nullen. Es bräuchte mehr als 30 Milliarden Disketten, um diese Daten unterzubringen.

Je dichter Daten gepackt werden, je leistungsfähiger die Speicher sind, desto wärmer werden die Geräte. „Sie müssen einen guten Kompromiss finden zwischen Leistungsfähigkeit und Energiehunger“, sagt ein IBM-Sprecher. Lieber werden genügend Standardgeräte zusammengeschaltet, anstatt die technisch mögliche, maximale Datendichte auszureizen.

Wenn es um maximale Speicherkapazität geht und es nicht nötig ist, die Daten schnell griffbereit zu haben, ist übrigens auch heute noch das gute alte Magnetband unschlagbar. Hier können Daten auch ohne ständigen Stromverbrauch und Kühlungsbedarf abgelegt werden, was andere Speichermedien an die Grenzen stoßen lässt. Es gibt dafür immer noch Geräte, die bei Bedarf ein neues Band aus dem Lager holen und zum Auslesen erst einlegen. „Wenn sie besonders gesichert werden, können solche Bänder auch tief unten in einem Bergwerk liegen“, erläutert der Sprecher von IBM. Da geht es dann wirklich nur um die Datensicherung als solche, was im Zeitalter der ständigen Vernetzung eher die Ausnahme ist.

Elektronische Geräte mögen immer kleiner und leistungsfähiger werden. Doch die Datenzentren des Cloud-Zeitalters werden immer größer und zahlreicher. Der Walldorfer Softwareanbieter SAP ist beispielsweise gerade dabei, die Zahl seiner weltweiten Rechenzentren von 14 auf 20 aufzustocken – auch deshalb, weil die Kunden ihre Daten aus Sicherheitsgründen in ihrer jeweiligen Region behalten wollen. So hat SAP allein in diesem Jahr schon zwei neue Standorte in Japan, einen in Australien und einen in Kanada eröffnet.

Trend zur Zentralisierung

Mehrere zehntausend zusammengeschaltete Rechner sind in diesen Datenzentren Alltag. Größe zählt: Google beispielsweise betreibt weltweit mehr als eine Million Server. Die Firma kann etwa doppelt so viel Rechen- und Speicherkapazität auffahren wie ihre 15 nächstgrößten US-Konkurrenten zusammen. Das größte, einzelne Datenzentrum der USA wird hingegen von der US-Firma Switch Communications betrieben. Es bedeckt eine Fläche von zehn Hektar. Der Ausbau auf mehr als 20 Hektar, eine Fläche von 28 Fußballfeldern, wird in diesem Jahr beginnen.

Bei der Standortsuche spielt neben dem Platz und dem Anschluss an leistungsfähige Übertragungsnetze auch der Energieverbrauch eine gewichtige Rolle. Anbieter wie Google oder Facebook verlegen ihre Rechenzentren inzwischen gerne in kühlere Gefilde, etwa nach Nordeuropa, weil dort der Aufwand für die Klimatisierung und die Stromkosten geringer ist.

Auch für die Datenzentren gilt also ein für das Cloud-Zeitalter typisches Spannungsverhältnis zwischen Vielfalt und Zentralisierung: Einerseits eröffnet der Weg in die Computer-Cloud auch kleineren Unternehmen und Privatpersonen den Zugang zu nie gekannten Rechen- und Speicherkapazitäten. Andererseits ist der Betrieb von Datenzentren eine IT-Großindustrie, bei der sich die Marktmacht konzentriert. Aufzuhalten ist diese Entwicklung nicht. Laut dem IT-Branchenverband Bitkom sind in Deutschland fast die Hälfte der Firmen schon in der Cloud und ein weiteres Drittel ist auf dem Weg dorthin.

Speichern unter... – Der Wettbewerb

Speichersymbol
– Die Diskette ist als Datenspeicher überholt, dennoch ist sie noch in vielen Computerprogrammen als Speichersymbol präsent. Wie könnte ein neues Icon aussehen? Die StZ und die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart suchen Alternativen für das Disketten-Symbol.

Wettbewerb –
Ideen für ein neues Icon können bis zum 30. September online eingereicht werden. Danach wählen Internetnutzer bis zum30. Oktober in den zwei Kategorien Amateure (Privatpersonen, Studenten, Schüler) und Profis (Unternehmen) je zehn Favoriten aus. Eine Expertenjury ermittelt dann die Sieger, die beim World Usability Day am 13. November in Stuttgart ausgezeichnet werden. Die Veranstaltung dreht sich um die Frage, wie die Nutzung von Technologie leichter werden kann. Den Gewinnern winken attraktive Geld- und Sachpreise.