In einer beispiellosen Bergung ist das vor der italienischen Insel Giglio verunglückte Kreuzfahrtschiff aufgerichtet worden. Nun muss zunächst die verwüstete rechte Seite des Wracks untersucht werden – denn das Projekt ist längst nicht abgeschlossen.

Giglio - Als Schiffssirenen am Dienstag um vier Uhr morgens die Ruhe über dem Hafen von Giglio zerfetzen, da wissen auf der kleinen italienischen Insel alle, was das bedeutet. Und keiner beschwert sich über den frühzeitigen Weckruf. Neunzehn Stunden nach dem Beginn der Bergungsarbeiten hat sich die Costa Concordia mit sanfter, aber deutlich sichtbarer Bewegung auf ihre Zementkissen und ihr Stahlbett niedergelassen.

 

An der Mole sammeln sich in Windeseile Insulaner und Journalisten, um die Helden der Bergung zu feiern: die Arbeiter und die Ingenieure, die nach wenigen Minuten auf kleinen Barken eintreffen, an der Spitze natürlich Nick Sloane, der die Aktion leitete. Das Bier der Erleichterung fließt in Strömen. Erst Stunden später geht’s – für viele nach der zweiten durchgearbeiteten Nacht – ins Bett.Als die Sonne aufgeht, wird dann auch die Costa Concordia von heute sichtbar. Gewiss, sie steht aufrecht wie zuletzt am 13. Januar 2012, aber ein Stolz der Meere ist sie nicht mehr. Fast fünfzig Meter ragte sie früher aus den Wellen. Jetzt sind es nur mehr 25 Meter, das gibt der einst schlanken Architektur eine breiig-breite, vergleichsweise flunderhafte Optik. Und die rechte Flanke ist verwüstet. Deutlich zu sehen sind die Eindrücke der zwei Granitfelsen, die das Schiff vom Abgleiten in die nahe Tiefe bewahrt und damit einigen Tausend Passagieren und Besatzungsmitgliedern das Leben gerettet haben. Dreckig braun ist das alles, vom Schmutz des Meeresgrunds und von der Korrosion im Salzwasser.

Der Stolz der Meere ist angeschlagen

„Besser konnte die Aufrichtung gar nicht gehen“, freut sich bei der Jubel-Pressekonferenz um zehn Uhr der italienische Zivilschutzchef Franco Gabrielli: „Diese Präzision! Die Costa Concordia ist exakt dort gelandet, wo die Ingenieure sie haben wollten.“ Dann folgen von verschiedenen Seiten die – bei solchen Gelegenheiten landesüblichen – Hymnen auf ein Italien, das „mit vereinten Kräften zu derart herausragenden Leistungen imstande“ sei. Doch bevor sich alle in wechselseitigem Schulterklopfen verheddern, sagt Gabrielli nüchtern: „Für uns ist das Projekt erst abgeschlossen, wenn die Costa Concordia die Insel verlässt.“ Wann das sein wird? „Im ersten Halbjahr 2014.“