Die „Tamburin Stuttgart“ pflegen „Modern American Square Dancing“ und haben sogar bei den Proben viel Freude daran. Interessierte können sich jetzt beim „Open House“ an zwei Abenden einen Eindruck verschaffen.

Bad Cannstatt - Im Saal des Clemens-von-Galen Hauses herrscht munteres Geschnatter. Schnell noch einen Schluck trinken, den Petticoat zurechtrücken oder sich kurz strecken, denn gleich geht es los. Die Musik hebt an – und schon stehen sie akkurat platziert und konzentriert parat: zwei Mal vier Paare, in zweifach quadratischer Formation, dem Square: „Und wenn es gut läuft, dann stehen sie am Schluss wieder in dieser Ausgangsposition“, sagt Wolfgang Daiss. Er ist der Caller. Eine Art Regisseur, der die einzelnen Tänze ansagt. Alles auf Englisch. Aus einem Fundus, für den schon im Grundkurs über 60 „Basic-Figuren“ gelernt werden, die dann „sitzen sollen wie aus dem Effeff“.

 

Jetzt agiere er „ein bisschen wie ein Jazzer“, improvisiere, zerlege die Formationen, kombiniere die einzelnen Tänze immer wieder neu: „Aber so, dass tänzerischer Fluss und ein Ganzes, eine Choreografie entsteht.“ Dass die Dancers nie wissen, was er ansagt, dass sie also pfeilschnell reagieren müssen, das nennt Daiss, das „Salz in der Suppe des Square Dancings“.

Zwei Stunden wird getanzt

„Face your partner, Split the outside couple, Swing, Run, Trade, Pass the ocean, California squirl - und Square!“ Ganz schön verwirrend für den beobachtenden Novizen! Links, rechts herum, Ketten und Kreise, wechselnde Paare und ständig sich wandelnde Ensembles. Wie ein feinmechanisches Räderwerk scheinen die Figuren zu flutschen – und selbstredend stehen die 16 Square Dancers, fünf Männer, elf Frauen, am Schluss wieder akkurat im finalen Square, der deshalb auch „das Zuhause“ genannt wird. Und weil das so gut geklappt hat, spendiert Daiss ein erstes Bonbon, einen freier gestalteten „Singing Call“. Daiss spielt Elvis ein, singt den „Good Luck Cham“. Und jetzt ist ordentlich Tempo drin! Die bunten Petticoats fliegen, die Gesichter glänzen, und immer wieder ertönt ein Jauchzer, gerne von einem Squeeze gekrönt, einer kurzen Umarmung. „To home, to home tonight!“ betört die Elvis-Stimme mit einem Schmelz, der wie von alleine zurücklenkt in den Square.

Nach Hause geht es für die Gruppe aber noch lange nicht. Volle zwei Stunden werden sie an diesem Abend tanzen, mit drei, vier kleinen Pausen dazwischen. Und selbst Sabine, erst vor zwei Jahren dazugekommen und mit 73 Jahren die Älteste an diesem Abend, macht jeden Tanz mit. Gloria, das „Küken“ der Gruppe, sowieso: „Ich mache auch Standard-Tanz, da ist alles fix vorgegeben. Am Square Dance mag ich die Überraschung, das schnelle Reagieren. Das ist immer anders.“ Aber sie mag auch „die Klamotten“, den Rock’n’Roll-Lock. Und die Form! „Im Alltag ist heute vieles so formlos und beliebig. Beim Square aber gestaltet man zusammen eine gemeinschaftlich Form, obwohl es so frei ist! Das hat etwas Klassisches, etwas Schönes. Es ist wie eine andere Welt. Man ist wie befreit, weit weg aus dem Alltag, und es macht super Spaß.“

Wie eine große Familie

Eine jugendliche Begeisterung, die auch Klara teilt. Sie ist 66 und seit sieben Jahren bei den Tambourin Stuttgart: „Ich habe schon in St. Petersburg Square Dance gemacht. Das ist überall auf der Welt gleich, das verbindet. Ich bin glücklich hier, wir haben Spaß und sind Freunde!“ Strahlend fügt sie hinzu: „Man muss hellwach sein. Das ist auch Gehirn-Jogging und gut gegen Alzheimer.“ Und nicht schlecht für die Fitness, denn an so einem Abend machen die Dancers locker sieben, acht Kilometer.

Auch Männer lieben Square Dance, „auf der ganzen Welt“, wie Uwe betont: „Egal wo man hinkommt, sofort ist man wie eine große Familie.“ In den Clubs rund um den Globus, in ganz Europa, in Dubai, Taiwan oder China. Und bei den Special-Festivals mit bis zu 500 Dancers. „Wir verstehen uns“, sagt Uwe und erklärt: „Nachnamen, Status, Beruf, Karriere – das ist beim Square unwichtig. Wie halten zusammen und pflegen die Freundschaft.“

Nach dem super-komplizierten „Firework of Clover“, dem Kleeblatt-Feuerwerk, einer Spezial-Choreografie des Callers, zum Finale dann noch ein Singing Call, ein ausschwingendes, ausgelassenes „Über den Wolken!“ So fliegen sie dahin. Squeeze und Square – dann sind sie wieder Zuhause. Auch der Caller jubelt: „Ich bin so stolz auf Euch!“

Termin: Die Tamburin Stuttgart bieten im Saal des Clemens-von-Galen Hauses, Gnesener Straße 83, ein „Open House“ an, bei dem sich Interessierte unverbindlich Square Dancing anschauen können: am 21. und 28. September, jeweils ab 19.30 Uhr.