Die Provenienzforscherin Anja Heuß hat die Sammlung der Stuttgarter Staatsgalerie durchsucht – und Werke gefunden, die dem Museum nicht zustehen.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart: seit zwei Jahren können sich die Besucher der Staatsgalerie Stuttgart mit einem Audioguide durch die Sammlung leiten lassen. Fortan kann man seinen Rundgang auch unter das Thema Provenienz stellen. Was bisher kein Museum im Angebot hat, hat die Staatsgalerie nun realisiert: ein spezielles Audioguide-Programm führt zu jenen Gemälden im Haus, die für die Provenienzforschung des Museums interessant sind.

 

1937 wurden im Auftrag der Nationalsozialisten 400 Werke der Staatsgalerie beschlagnahmt. Darunter war auch Max Beckmanns „Selbstbildnis mit rotem Schal“ aus dem Jahr 1917, das in München in der Ausstellung „Entartete Kunst“ gezeigt wurde. Danach übergab das Propagandaministerium das Bild an den Kunsthändler Hildebrand Gurlitt, der die Werke verkaufen sollte, viele aber behielt und später seinem Sohn vererbte. Das Beckmann-Porträt aber ging an eine Münchner Galerie, die es 1948 an die Staatsgalerie verkaufte. Das Bild ist eines der elf Werke, deren Herkunft nun auf dem Audioguide vorgestellt wird. Damit wolle man das Vorurteil korrigieren, dass Museen sich nicht mit dem Thema Raubkunst befassten, so die Direktorin Christiane Lange.

Die Staatsgalerie hat sieben Werke zurückgegeben

Der breiten Öffentlichkeit sei nicht bekannt, dass Museen Provenienzforschung betrieben, meint auch Anja Heuß. Die Provenienzforscherin untersucht seit 2009 die Bestände der Staatsgalerie und prüft, ob sich darin Werke befinden, die unrechtmäßig in die Sammlung gekommen sind. In den vergangenen Jahren wurden bereits sieben Werke restituiert, also an die rechtmäßigen Erben zurückgegeben – zuletzt das Bildnis des Pfalzgrafen Johann III. von Hans Wertinger, das den Erben der Kunstsammlung Rosenbaum übergeben wurde.

Christiane Lange will mit dem Audioguide „die Provenienzforschung, die hinter den Kulissen des Museums stattfindet, allen Besuchern zugänglich machen“, wie sie sagt. So erfährt man auch die Geschichten, die hinter der „Jungwaldtafel“ von Paul Klee stecken, oder welchen Weg „Die kleinen blauen Pferde“ (1911) von Franz Marc gingen. Der Audioguide mache es nun möglich, sich dem „komplexen und vielschichtigen Thema zu nähern“, so Lange.